„Bist Du dauernd auf Urlaub?“ oder: Was tut eine Reisebloggerin genau?

by Angelika Mandler-Saul

Wie kann man Reiseblogger werden und was tut eine Reisebloggerin wie ich? Seit ich mich mit meinem Reiseblog selbständig gemacht habe, kennt sich keiner mehr aus, wie ich mein Geld verdiene. Aber einig sind sich alle:  „Du bist ja dauernd auf Urlaub!“

reisebloggerin unterwegs in österreich - auto

Als Reisebloggerin unterwegs in meinem Humboldt-Mobil

Mein Leben vor und nach dem Reisebloggen

Früher war es wahrlich einfacher zu verstehen: Täglich in der Früh zum Bahnhof und mit dem Zug ins Büro. Nach 8.5 Stunden wieder heim, abends und weekends Zeit für Kultur, Hobbys, Haus und Garten sowie Family und Friends. Reisen gab´s als Urlaub und Zeitausgleich und Wochenendgestaltung.  Und Kurztrips zwischendurch  – so oft wie möglich, immer schon. 14 Gehälter und kein schlechtes Gewissen, wenn die Grippe mich sieben Tage ans Bett fesselt oder meine Bandscheibenvorfälle mir diktieren, dass ich ins Spital oder auf Reha muss.reisebloggerin unterwegs

2013 begann alles anders zu werden: Mein Marketing Job im Konzern war erst mal weg und schnell war mir – trotz der erst verlockend wirkenden vermeintlichen Freiheit – klar: Schlendrian und Nichtstun gibts bei mir nicht. In meinem Kopf ratterten 24 Stunden lang diverse Beschäftigungsszenarien durch.

Auch war mir schnell klar: Das Ausnutzen von Arbeitslosengeld hebe ich mir für echte Notfälle auf. Nachdem ich meine Freundin einige Wochen lange gebetsmühlenartig nach ihrer Selbständigkeit, Buchhaltung, Steuern, Sozialversicherung, Akquise und Umsatzsteuer mit Anfänger-Fragen gelöchert und meine ersten arbeitsfreien Monate seit 20 Jahren hauptsächlich mit Recherchen im Internet verbracht hatte, kristallisierte es sich langsam raus:

Keinen Job suchen, sondern mir selbst einen gestalten: Reisebloggerin

Als Werbeagentur, Unternehmensberaterin und Reisebloggerin. Ja – das wars. Aber zuerst hatte ich noch etwas für mich ganz persönlich zu erledigen: Im Campervan allein durch Australien touren. WANN, wenn nicht JETZT. Den BusinessPlan hatte ich also nach 3 intensiven Planungsmonaten bereits im Kopf, 1 Monat mit der Reiseplanung verbracht und schließlich fand ich mich für 3 Monate in Australien unterwegs wieder. So wie ich es gewollt hatte. Arbeitslosengeld-Anspruch kaum angetastet, mehr als sparsam unterwegs, Pläne für die berufliche Zukunft fertig in der Tasche.

Reiseblog Wiederunterwegs in Australien

Im Winter 2013 kam ich retour und musste erst mal warten, bis mein Unternehmergründerprogramm auf Schiene war: Alles dauerte ewig und keiner außer mir hatte es eilig: Nicht die anderen JunggründerInnen, nicht die Ämter und Behörden, nicht die Arbeitslosen, nicht die Schulungsleiter… Nur ich drängelte: Ich wollte lernen, mich weiterbilden, planen, arbeiten und Geld verdienen.

Unternehmensgründung: Wie kann man Reiseblogger werden?

Ich gründete unmittelbar nach Ablauf des Gründungs-Programms meine Werbeagentur WIEDERUNTERWEGS marketing|medien|werkstatt. Mit dem Reiseblog war ich zu diesem Zeitpunkt bereits seit 1 Jahr online und auch #wiederunterwegs „Vom Weinviertel in die Welt“ als Reisebloggerin – der war so nebenbei mitgelaufen: Mit der Berichterstattung aus Australien, dem Bloggen für derstandard.at und auch schon mit Presseeinladungen dank meiner Kollegin der ersten Stunde, Elena Paschinger. Kundenakquise für die Agentur hatte ich schon gemacht und konnte mit einigen kleinen Aufträgen ins Einzelunternehmerinnen-Arbeitsleben starten. Langwierig hatte sich die Suche nach einem Steuerberater gestaltet, schwierig die Kostenkalkulation, zeitaufwändig die Sache mit Logo und Grafik (bis ich sie an kundigere Hände ausgelagert hatte: Danke, Pleylgrafik), arbeitsintensiv die Ausarbeitung der ersten Social Media Workshops für interessierte Touristikunternehmen, zermürbend die Bankgeschäfte-Diskussionen und überschaubar die vermeintliche Hilfe der Wirtschaftskammer.

Das war mein Start in die 60-70 Stunden-Woche meiner Selbständigkeit. Und zum Reiseblog Business.

Reiseblog Wiederunterwegs Wie wird man Reisebloggerin

Und so hat es sich weiterentwickelt: Was macht eine Reisebloggerin?

Im Jahr 2021 geht mein Reiseblog ins 9. Jahr.

Dahinter steckt bei uns professionellen ReisebloggerInnen aus Österreich allen permanente, tägliche Arbeit mit Reisen, Texten, Fotografieren, Filmen, Schneiden, Posten, Social Media Werbung, Kostenkalkulation, Angeboten und Kooperationen mit Touristikunternehmen, Destinationen, Hotels etc. Und vor allem ganz viel NETWORKING mit anderen deutschsprachigen ReisebloggerInnen – sowie etwa auf Fachmessen wie der ITB, der Ferienmesse Wien, dem Reisesalon etc. Permanente Weiterbildung ist auch von Vorteil, weil sich in Sachen Bloggen, SEO, Content und Influencer Marketing beinahe täglich etwas tut. Mit Elena Paschinger habe ich eine Zeit lang Workshops für Touristiker zum Thema „Blogger Relations“ angeboten und mit 6 anderen Kollegen hatten wir für einige Jahre das Projekt #7Ways2Travel  gestartet.

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Reiseblogger Österreich – Treffen in Graz 2015

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Ich REISE also viel, richtige ganz private Urlaube ohne jegliche Berichterstattung am Blog mache ich ganz selten.

Meine Reisen sind auch Presse-Einladungen und Pressefahrten oder auch individuelle Recherche Aufträge – beide sind für uns professionelle ReisebloggerInnen zeit- und arbeitsintensive Tage, die nicht selten von 8 bis 22 Uhr mit Kultur- oder Aktiv-Programm, Berichterstattung, Social Media Arbeit, Hashtags, Interviews, Fotografieren und abends noch PC-Arbeit im Hotelzimmer vollgepackt sind.

Wen wundert es also noch, dass ich diese Arbeit und die Arbeitszeit als auch den Output (Fotos, Texte, Links, Bewertungen) nicht GRATIS zur Verfügung stellen will? Dass ich nicht auch noch meine Fahrtkosten drauflege, mit Hotels-Verpflegung-Transport alles selbst finanzieren und auch nach der Recherche-Reise noch tagelang gratis weiterarbeiten will? Wer glaubt noch, dass ich dabei urlaube, wellnesse und 24 Stunden lang nur entspanne?

„Ich reise und arbeite zwar gerne als Reisebloggerin, aber es steckt für mich dabei keine freie Zeit, kein Relaxing und kein Urlaub dahinter, vor allem auch keine Entspannung.“

Reiseblogger werden: Es ist ARBEIT und ARBEIT. Und das KOSTET.PUNKT.

Was tut ein Reiseblogger

Dieser Weg. War kein leichter.

Meine zusätzliche EINEFRAU-Werbeagentur dahinter besteht seit 2014 und ich habe mehrere Kunden, für die ich monatlich Marketing-Dienstleistungen erbringe, deren Websiten betreue, Content liefere und Social Media Kanäle hoste sowie immer mehr schöne und fordernde Schreibaufträge für Print- und Online Medien. Das tue ich entweder daheim von Montag bis Sonntag zu jeder Tages- und Nachtzeit – oder aber von #wiederunterwegs, wenn parallel zur Agentur-Arbeit auch noch ein Recherche Auftrag auf Reisen dazukommt. Das kann in Stress ausarten: 2 Laptops, ein Smartphone und eine Digitale Spiegelreflex, viel WIFI und Mobilfunk, hunderte Kabel, Telefonconf´s und Skype-Gespräche – manchmal kommt unterwegs alles zusammen. Aber das ist mein Job und den habe ich mir ausgesucht.

Das Schönste an der Selbständigkeit ist jedes Monat das Schreiben der Honorarnoten. Noch schöner (!) dann das sich monatlich einstellende kurzfristig zufriedene Gefühl, wenn die Kunden auch mein Honorar zeitnah überweisen. Danach muss ich davon „nur“ noch Einkommensteuer, Sozialversicherung, Umsatzsteuer, Fixkosten wie Auto, Wohnen, Essen, Versicherungen, Bankkosten, Kosten für Telefon, Internet, Computer, Strom und Heizung wegrechnen.

Was dann überbleibt? Es ist ganz klein und fängt mit G. an: „Gewinn“. Davon könnte ich dann theoretisch etwas sparen, meinen Nichten und Neffen Geschenke kaufen, zum Frisör gehen, meinen Mann mal zum Essen einladen oder mir neue Outdoor Schuhe kaufen. Soweit die Theorie. Und von Coffee habe ich da noch gar nicht erzählt :-)

reisebloggerin Angelika Mandler mit Hund im Weinviertel

Jeder 12 Stunden Arbeits-Tag im Homeoffice wird regelmäßig unterbrochen. Von Coffee :-)

Das Schwerste für mich an der Selbständigkeit: Daheim (bzw. im Home-Office) zu sein und nicht zu arbeiten oder an die Arbeit zu denken. Sich unterwegs beim Arbeiten nicht stressen lassen. Urlaub machen ohne zu arbeiten. Kunden zu akquirieren. Kunden zu überzeugen, dass meine Arbeitsleistung etwas kostet – wie überall in der Wirtschaft. Wissen, dass im nächsten Monat vielleicht keine Einnahmen kommen, die Ausgaben aber weiter bleiben.

„Noch Fragen? Also NEIN, ich bin nicht auf Urlaub, wenn ich auf REISEN bin..“
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Als Sprecherin am Welttourismustag 2015 in Absam

Infos und Fakten für Kunden

 



12 comments

Ronja Oden 19. März 2020 - 15:04

Gut zu wissen, dass man einiges an Zeit einplanen sollte im Bezug auf das Unternehmergründerprogramm beim Aufbau einer eigenen Existenz. Interessant, dass deine Reisen weniger Urlaub als viel Presse-Einladungen und Pressefahrten oder auch individuelle Recherche Aufträge sind. Ich habe schon einige Blogs gelesen und beneide immer die Bloggerinen die in Appartements mit Wellnessbereich unterkommen.

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Ela 21. Oktober 2016 - 15:49

Danke Angelika, diesen Link schicke ich auch gern bei der nächsten Gelegenheit an Freunde/Familie weiter, von denen ich ständig diese Aussage höre ;) Oder an Koop-Partner, bei denen ich alles selbst bezahlen soll.
Gut zusammengefasst, Hut ab!
Liebe Grüße,
Ela

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Angelika Mandler-Saul 21. Oktober 2016 - 15:57

Oh vielen dank, eigentlich wollt ich noch viel mehr sagen, aber das war nu mal der erste streich :-) ich hab auch ein info-sheet für echte kooperationspartner, da werde ich noch viel deutlicher – aber auch konstruktiv. So als Leitfaden für die Zusammenarbeit. lg aus dem Weinviertel, Angelika

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Gudrun 21. Oktober 2016 - 14:14

Am schönsten finde ich die Sätze: „Ich reise also viel, ich urlaube selten“ und „Kurztrips nach Shanghai, Miami und was sich so ergibt“. Und zusätzlich fand ich es damals toll, dass Du Dich mutterseeelenalleine nach Australien aufgemacht hast, Du alter Reisebloggerhase! Ich freue mich auf viele gemeinsame Reisen und unser Projekt!

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Angelika Mandler-Saul 21. Oktober 2016 - 15:58

Tja, ich Wahrheitsfanatikerin: Was sich so ergibt – that´s life of a „PurserBraut“ :-) du weißt, mit welcher Destination ich zu Weihnachten spekuliere. Ich freu mich auch schon auf „DAS PROJEKT“. Ang und Coff

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Elena 21. Oktober 2016 - 13:59

Danke für die Story meine Liebe. Du nimmst mir die Worte aus dem Mund: Schicke ab jetzt bei selbigen Fragen nur noch DEINEN Artikel :D

Alles Liebe aus Kanada und bis bald beim wie Du schreibst nächsten Pflichttermin, dem ReiseSalon in Wien!

Ps: Bin STOLZ auf Dich !!

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Angelika Mandler-Saul 21. Oktober 2016 - 15:59

Bitte, meine liebe Kollegin und Freundin der ersten Stunde – der Artikel war schon lange fällig, wird aber wohl erst PART ONE sein :-) Bis bald bei der Arbeit! Deine Angelika

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Peter Krackowizer 21. Oktober 2016 - 12:55

In meiner mehr als 25jährigen Reisebürotätigkeit haben mir Menschen immer wieder gesagt: „Ihr habt es schön! Könnt rund um die Welt reisen und zahlt nichts dafür“ oder „Reiseleiter möchte ich auch sein. Auf Kosten anderer reisen und nichts tun müssen“. Es folgten jedes Mal Aufklärungsversuche, dass das Leben doch etwas, viel anders aussieht, durchaus harte Arbeit ist und Geld kostet.

Daher finde ich deinen Beitrag erfrischend, ehrlich und interessant. Und das Schöne an der heutigen Zeit ist, dass es so viele Möglichkeiten gibt, sich selbständig machen zu können. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und verfolge gerne deine Aktivitäten.

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Angelika Mandler-Saul 21. Oktober 2016 - 13:00

Danke Peter – es ist wahr. Wir haben einen schönen Beruf, den wir uns ausgesucht haben. Wir hätten auch Lehrer werden können (viel Ferien), Bauarbeiter (immer in der frischen Luft), Hundetrainer (immer mit Tieren zusammen), Kindergärtner (immer in Kinderbegleitung), Hotelservicepersonal (immer in schönen Hotels) oder Pool-Putzer (immer im Wellness Bereich). So wirds schnell relativ :-) unser vermeintlicher Luxus. Die Kommentare, die Du bekommst, hab ich natürlich auch oft, eh klar.: Aber kommt meist von Menschen, die mit ihrer Freizeit und ihrem Urlaub nichts anzufangen wissen, nichtmal allein ins Kino gehen und den Herrgott einen guten … usw. Alles harte Arbeit, den ganzen Tag – wie Du weißt. Und jetzt muss ich weiter arbeiten, der Arbeits-Freitag ist noch lang :-) Obwohl ich „daheim“ bin. lg Angelika!!!

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andreas 18. Oktober 2016 - 09:49

Manchmal kann (darf) ich mit dabei sein und erlebe, wie hart und zeitaufwendig es ist, gute Qualität zu erzeugen und diese auch sichtbar zu machen. Chapeau.

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Martin 17. Oktober 2016 - 14:29

Finde ich toll, wie du dein jetziges Tun beschreibst, wie es sich entwickelt hat und welche Hürden dich geplagt haben. Auch dass diese ganze Herumreiserei, Dokumentiererei und Fotografiererei (aus mit den Zungenbrechern) eben Arbeit ist. Und Arbeit wiederum kostet. Super, dass es so Reisebloggerinnen wie dich gibt!

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Angelika Mandler-Saul 17. Oktober 2016 - 14:32

Danke, „Mr. Hunderttausend Höhenmeter!“ :-) Aber nach Lektüre Deines Blogs muss ich ebenfalls sagen: Hut ab.

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