„Raimund pur“: Der Verschwender in Gutenstein 2024

"Da streiten sich die Leut´ herum, wohl um des Wert des Glücks..."

by Angelika Mandler-Saul

Das letzte Mal gab man hier den Verschwender anno 2018 (Martin Bermoser, Grischka Voss, Andreas Eckert, Edu Wildner). Heuer kommt das letzte Stück Ferdinand Raimunds leicht modernisiert und als „Raimund pur“ daher, wie Neo-Intendant Norbert Gollinger bei der Premiere der Raimundspiele Gutenstein 2024 versichert.

gutenstein theaterzelt
Ich bin wieder da: Jedes Jahr ein Highlight meines Kultursommers

Der Verschwender: Raimunds letztes Stück und seine letzte Rolle

Hier kommt das Hobellied von Hans Moser gesungen aus dem Retro-Radio

Wie Ferdinand Raimund wirklich war, das wissen wir ja spätestens seit dem Felix Mitterer-Auftragswerk „Brüderlein Fein“ von 2019, das hier in Gutenstein zur Uraufführung gelangte. „Der Verschwender“ war sein letztes Stück, es hatte 1834 im Theater in der Josefstadt Uraufführung und war ein großer Publikumserfolg.

Das Hobellied wurde mit der Zeit so populär, dass es heute fast als Volkslied in Wien gilt, nicht zuletzt natürlich auch die Interpretation von Hans Moser.

Raimund selbst hatte zunächst als Schauspieler in der Provinz begonnen, auf den Brettern der Josefstadt steht er erstmals 1814. Zwei Jahre lang ist er Leiter des Leopoldstädter Theaters, ab 1830 gastiert er am Theater an der Wien. Nach seinem höchst erfolgreichen Verschwender in Wien kann sich Raimund ein Haus in Gutenstein leisten, dorthin zieht er sich nach den Theatererfolgen zurück.

Am 1. Mai 1836 steht er bei einem Gastspiel in Hamburg das letzte Mal auf der Bühne, eben als Tischler Valentin im „Verschwender“: Vier Monate später ist er tot, er stirbt sehr jung mit nur 46 Jahren – an den Folgen eines Bisses seines eigenen Hundes. Er, der zeit seines Lebens an Hypochondrie und an der Angst vor einem Tod durch Tollwut gelitten hatte – hatte versucht, sich umzubringen und war an den Folgen des misslungenen Schusses gestorben – nicht wegen des Bisses.

Österreichisches Ensemble auf der Gutenstein Bühne

Eine kurzweilige Inszenierung unter der Regie von Helmut Wiesner und einer soliden, österreichischen Besetzung mit dem richtigen Zungenschlag: Der Premierenabend bei den Raimundspielen Gutenstein war tropisch heiß, vielleicht wurden deswegen diesmal nicht soviel Schauspieler-Kollegen als Zuschauer gesichtet wie sonst.

Schade, dass bei dieser Aufführung kaum gesungen wird und das kleine Orchester immer nur ganz kurz zu sehen ist – das hätte sich mehr Sichtbarkeit verdient. Das berühmte Hobellied darf Valentin leider auch nicht selbst geben, sondern er hört – gemeinsam mit Flottwell und dem Gärtner – nur (mit ein paar Gebärden) Hans Moser aus dem Radio dabei zu, das ist schade. Aber wenigstens Hans Moser, wobei: Josef Meinrad wäre auch sehr okay gewesen…

Die beiden kleinen Seitenbühnen sind eine nette Idee, auch um ein wenig die Feenwelt, bzw. das harte Familienleben der Familie Valentin/Rosa (alle Schauspieler als kreischende Kleinkinder angetan) parallel darzustellen.

seitenbühne gutenstein
Seitenbühne links mit Feenwelt
gutenstein ensemble
Das Ensemble Gutenstein 2024
gutenstein ensemble
Vorhang

In der Hauptrolle des Flottwell dürfen wir uns über den Josefstädter Günter Franzmeier freuen, der als „junger“ Flottwell als behender Dandy im hellen Anzug mit lässlichem Toupet agieren darf und das natürlich in gewohnt hervorragender Manier – wie auch in der vergangenen Saison in Wien in „Der Himbeerpflücker“ oder „Leben und Sterben in Wien“.

Als gealterter Flottwell darf er seine eigenen Haare auf die Bühne mitbringen, das kommt dann schon viel authenter daher.

Eine akustische Wohltat: Das durchgängig österreichische Ensemble. Ich freue mich, endlich mal wieder Chris Pichler auf der Bühne zu sehen (und nicht immer „nur“ als Radiostimme, wiewohl sie auch Soloprogramme hat), ihr zur Seite gestellter Valentin (Manuel Sonnleitner) spielt seine Rolle im Alter dann ewas „griffiger“ – Pichler hingegen gibt problemlos auch die ganz junge Rosa.

David Oberkogler, der in der Sommertheatersaison 2023 den Weinberl in „Einen Jux will er sich machen“ bei den Festspielen Reichenau gab, ist hier in Gutenstein heuer der zwielichtige Diener Wolf und das gekonnt. Die Hauptdarsteller dürfen übrigens alle „heutig“ gekleidet sein, das Bühnenbild ist übersichtlich (viele Stühle, etwas Plastik), aber wer braucht das schon beim Sommertheater.

Denn die eigentliche Kulisse ist ja der Park rund um die Bleichwiese beim Schloss Hoyos, dessen Hausherr auch bei der Premiere anwesend war.

Rudi Roubinek als Chevalier outriert ein wenig, nach der Pause in der Rolle des Gärtners kommt er allerdings sympathisch rüber, er ist sichtlich gerne mit von der Partie in Gutenstein. Hervorzuheben sind m.E. noch Carmen Kirschner in vier Männerrollen sowie Helga Illich als Altes Weib mit Szenenapplaus. Die Kostüme kommen diesmal vom Volkstheater.

Alle Jahre wieder versüßt uns die lokale Blasmusik musikalisch die Premiere vor Beginn im Park, gemütlich auch heuer wieder das ungezwungene Beisammensitzen im Gastro-Zelt und der wunderschöne Blumenschmuck auf den Tischen. Ein kleines Manko auch heuer wieder (wie schon letztes Jahr moniert): Wer im hinteren Teil der Tribüne im Zelt sitzt, hört das fröhliche Geplauder von draußen genau so laut wie den Text von der Bühne….

Wegen der tropischen Temperaturen im Zelt führte uns (und einige andere !) in der Pause der Weg schnurstracks zur Piesting zum Wasserwaten – so muss Sommertheater in der Sommerfrische Gutenstein! Auch dafür liebe ich diese Location.

piesting pause raimund gutenstein flussbad
Sieht zwar so aus, aber ich war nicht alleine im Fluss in der Pause.

Tipp: Camping und Kultur in der Sommerfrische

Wie schon im Vorjahr konnten wir wieder unsere Vorliebe für Sommertheater mit dem Faible fürs Camping verbinden. Der Campingplatz Kohlhofmühl in Pernitz eignet sich hervorragend für die Nacht nach dem Theatergenuss. Untertags lässt es sich herrlich im Freibad Gutenstein „abhängen“, bei Eis vom Eisgreissler und einer kühlen Dusche vor dem Theaterabend.

Ein paar günstige Unterkünfte rund um Pernitz gibt es natürlich auch für die eine oder andere Nacht in der Sommerfrische.

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Das Freibad Gutenstein gleich neben dem Theaterzelt

Ein Rückblick: Die vergangenen Produktionen bei den Raimundspielen Gutenstein

Ein kurzer Rückblick zu den Produktionen von 2019, 2022 und 2023.

HINWEIS: Mir wurden für die Premiere zwei Pressetickets zur Verfügung gestellt.

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