Hunsrück, Mosel, Rheinland Pfalz?! Jetzt nichts für ungut, aber wir Österreicher können mit dieser Ferienregion in Deutschland wohl auf den ersten Blick wenig anfangen. Doch ich hab dort viele nette Platzerln gefunden, darunter die schönste Hängebrücke Deutschlands und den steilsten Weinberg Mitteleuropas.
Inhaltsverzeichnis
Wo liegt´s und wie schaut´s dort aus? Der Hunsrück
Der Bekanntheitsgrad der Region Hunsrück bei uns Österreichern geht – wenn ich mal grob schätzen darf – wohl zunächst gen Null. Das Moselgebiet, ja das sagt uns natürlich schon viel mehr: Wein, Wasser, Burgen und Schlösser. Damit können wir was anfangen, denn: Dort an der Mosel mag es ein wenig so sein wie bei uns in der Wachau? Korrekt. Und wenn wir uns auch auf die Suche nach einem Pendant für den Hunsrück und seine Naturgegebenheiten machen wollen, so fiele mir am ehesten vielleicht das Waldviertel ein. Nun, mit diesen Vergleichen kann man doch arbeiten, oder? Also kann es losgehen zu meinem Erstbesuch in Rheinland Pfalz zwischen Hunsrück und Mosel. Es gibt ja immer ein erstes Mal! Und die schönste Hängebrücke in Deutschland, die lasse ich mir bestimmt nicht entgehen.
Rheinland Pfalz liegt im Südwesten Deutschlands und wenn man dazu etwa „Trier, Koblenz und Mainz“ nennt, dann können wir Österreicher uns geografisch dann schon eher was vorstellen. Dazu kommt noch der unvermeidliche Wein von Rhein und Mosel, vielleicht noch ein paar Flusskreuzfahrt-Eindrücke und die vielen Burgen und der UNESCO Welterbestatus des Mittelrhein Gebiets – ja, das sagt uns was. Speyer, Worms – hat man natürlich auch gehört – die Sache mit den gewaltigen Domen hat man noch aus dem Gymnasium im kunsthistorischen Hinterkopf.
Der Hunsrück = Waldviertel Natur + Weinviertel Wetter (+ Hängebrücke)
Zugegeben, diese Gleichung ist ein wenig burschikos vereinfacht, aber es gibt einen guten ersten Eindruck über die Naturbeschaffenheit des Hunsrück. Da wie dort ist man auf Quarz gebaut, findet man Kristalle wie Amethysten und Achate (Waldviertel). Ebenso ist der Wind oft allgegenwärtig (Weinviertel) und wenn man vom Hunsrück „runter“ fährt gen Mosel, dann wird´s ein paar Grad wärmer – so wie wenn man bei uns von ganz oben im Waldviertel runter ins Donautal gen Wachau fährt. Wir haben den Hunsrück nun erfolgreich auf österreichisch verortet – aber was gibt´s dort zu sehen und wie kommt man hin? Ich bin nach Frankfurt geflogen und war dann etwa 90 Minuten mit dem Auto unterwegs Richtung Kastellaun. Von dort liegen die Mosel, der Rhein, die Nahe quasi um die Ecke. Und natürlich besagte Hängebrücke, die einstmal längste – jetzt aber schönste in Deutschland.
Bis vor einigen Wochen war mir die Region Hunsrück noch vollkommen unbekannt: Jetzt weiß ich, dass es hier die längste (pardon, korrigiere: schönste) Hängebrücke Deutschlands gibt, zahlreiche Burgen und der Schinderhannes in der Gegend sein Schindluder getrieben haben mag. Und was Hugo von Hofmannsthal mit Kastellaun und das dortige Geschlecht der Spanheimer mit Floridsdorf (21. Wiener Bezirk) zu tun haben? Tja: Weiterlesen!
Kastellaun, Sturm Kyrill und die Klamm
Vor meiner ersten Unterkunft in Rheinland Pfalz, der Badischen Amtskellerey, empfängt mich Gästeführerin Ute um mir Kastellaun zu zeigen: „Bei dä Führung erfahrt der ebbes iewer dat läwe unn die Geschicht von Kastelloun. Hott där schunn mol watt von dä Grafschaft von Sponheim unn de Boarsch gehoort. Dozu geheert aach, watt iss mit dä Stadtmouer, däm Hous Moull ore däm Hous Heidrich.“ So stehts auf der Website. Ute tut das jedoch dankenswerter Weise in einem mir verständlichen Deutsch und nicht „uff Platt“.
60 mittelalterliche Burgen gibt es rund um Kastellaun – die am Fluss waren alle Zollstationen, so wie auch eine „Kellerey“ nichts mit Weingenuss, sondern vielmehr mit Abgaben und dem Zehent zu tun hat. Die Burg in Kastellaun liegt auf halbem Wege zwischen Koblenz und Trier und damit direkt am einstigen Handelsweg von Kelten und Römern. Die Grafen Sponheimer, die hier lebten, gehen übrigens (wahrscheinlich) auf Urahn Graf Siegfried zurück, der nach einem Ungarn Feldzug im 11. Jhdt. einst mit der Mark zwischen Leitha und March belehnt worden war.
Heute dürfte diese Mark wohl unser Marchfeld und die Region südlich des Nationalparks Donauauen sein, wobei wir wieder in Niederösterreich gelandet wären – trotz Hunsrück und Rheinland Pfalz. Nach eben diesem Siegfried ist heute übrigens eine Straße in Floridsdorf benannt – wir haben lange Zeit gegenüber gewohnt. Hach, wie doch eins zum anderen führt…
Wenn man nicht durch Stadt und Burg schlendert, kann man in Kastellaun auch dem Windwurfpfad Kyrill folgen – in Deutschland gibt es mehrere dieser Kyrillpfade. Orkan Kyrill hat 2007 verwüstete Wälder hinterlassen, hier in Kastellaun hat man die Natur nach dem Unglück sich selbst überlassen und hier durchzustreifen (einsam und vielleicht bei leichtem Nieselregen) kann sehr reizvoll sein.
Ebenso ein Abstecher in die nahe Baybachklamm, eine der „Traumschleifen“ zum Wandern im Hunsrück. Wildromantisch und tief herbstlich war die Klamm bei meinem Besuch, dabei war ich ganz alleine am Steig und am Fluss entlang unterwegs. Die Aussichtspunkte und Plateaus habe ich leider nicht erwandert: Ein anhaltender Regenguss schwappte mich in Windeseile raus aus der Klamm und rein in das kuschelige Kunstcafé Maull in Kastellaun. Was ich dabei gelernt habe: Wer nachmittags dortselbst eine üppige Käsesahnetorte genießt, verspürt abends (leider) keine Hungergefühle. Letzteres ist schade, denn in Deutschland kocht man – wie bei uns – auch noch gerne üppig und gut. Hausmannskost eben.
Wer sie dennoch verspürt, die Hungergefühle: Das Burgbier und der Flammkuchen in der Schloss-Taverne sind höchst empfehlenswert. Oder ein G´spritzter (pardon eine Weißweinschorle) in der AmtsKellerey, denn: „Liever vor Bouch nit läije kenne, als vor Hunger nit schlofe.“ Sag ich ja.
Die abendliche Schlosstaverne ist nicht nur sehr romantisch beleuchtet, sondern bietet übrigens auch die knusprigsten Flammkuchen ever. Wäre ich in einer so netten Runde gewesen wie die Damen am Nebentisch, hätte man auch ein „Kerker Essen“ buchen können.
Das Gebäude, in dem sich das Café Maull befindet, hat übrigens einen Unterkeller aus dem 15. Jahrhundert, hier kann man auch 280 Jahre alte Holzbalken angreifen. Hab ich getan, ehrfürchtig. Oder eben im Obergeschoß eine Käsesahnetorte essen und ins Regionalmuseum gehen. In der historischen Altstadt Kastellauns übrigens treffe ich – neben den bemerkenswert interessanten Fachwerkshäusern – auf den Schwiegersohn von Hugo von Hofmannsthal. Der Keltologe und Indologe Heinrich Zimmer aus Kastellaun nämlich heiratete Christiane Hofmannsthal – das Paar stand später jahrelang in regem Briefwechsel mit Rilke, Schnitzler, Hesse, Beer-Hofmann und Else Lasker-Schüler. Auf der Flucht vor den Nazis führte auch ihr Weg schließlich unfreiwillig – wie so vieler – über London in die USA.
Der Schinderhannes im Hunsrück
Eine Stippvisite habe ich auch in Simmern gemacht, um den Turm des Schinderhannes einmal im Leben gesehen zu haben. Der war ein schlimmer Finger ganz ohne brave Robin Hood Allüren und hat zu seiner Zeit (18.Jhdt) in der Gegend als Räuberhauptmann gewütet. Ich kannte bislang nur die Theaterversion von Carl Zuckmayer und die Curd Jürgens Verfilmung aus 1958 – jetzt war ich auch in dem Gefängnisturm in Simmern, aus dem er einst ausgebrochen ist. Und während ich diese Zeilen schreibe, höre ich den Song „Schinderhannes“ von Marius Müller Westernhagen. Heute kann man am Schinderhannespfad über zwei Premium Wanderwege der Region durch den ganzen Hunsrück wandern.
Endlich: Die schönste Hängebrücke Deutschlands liegt im Hunsrück
Eineinhalb Jahre lang durfte die hiesige Geierlay Hängebrücke mit ihren 360 Metern Länge den Titel „längste Hängeseilbrücke Deutschlands“ führen. Mittlerweilen hat ihr eine Brücke im Harz mit 458 Metern Länge den Rang abgelaufen. Jetzt ist sie halt „nur mehr“ die schönste. Schön und sehr stabil natürlich, kein Vergleich mit den Kollegen in Tibet und Nepal, über die ich teils schon mehr schlecht als recht klettern musste. Wer das Glück hat, in Mörsdorf einen Parkplatz zu ergattern, macht sich auf eine kurze Wanderung querfeldein und kann alsbald über die begehrte Hängebrücke wandeln. Sie wurde an meinem Geburtstag vor einigen Jahren feierlich eröffnet (Ja, es ist auch der Tag der Deutschen Einheit – aber ich war früher da) und ist jetzt ein Publikumsmagnet im Hunsrück. Zu Recht, denn die Aussicht ist wirklich fulminant – in allen Richtungen.
Was hier auf den ersten Blick so einsam wirkt, ist normalerweise proppevoll. Mit Besuchern. Aber keine Sorge, gleich beim Besucherzentrum erfährt man, wieviele Tonnen die Brücke tragen kann. Es reicht für 10 indische Elefanten gleichzeitig. Mindestens, eher 11. Da fallen wir paar Touristen gar nicht ins Gewicht. Und wer die Hängebrücken in Nepal erlebt hat, der läuft (im österreichischen Wortsinne) hier mit Freuden mehrmals drüber. Auch ohne Yak.
Link Tipps rund um Hängebrücke und Hunsrück
- Führungen in Kastellaun
- Die Schloss Taverne und das Burgbier
- Das Hunsrück Museum in Simmern
- Einkehren in der Schmausemühle
- Die Geierlay Hängebrücke
- Historisch nächtigen und heutig schmausen in der Badischen Amtskellerey
- Auf „Traumschleifen“ wandern: Etwa in der Baybachklamm
- Glamping: Übernachten im Tiny House im Hunsrücker Wald
- Wandern mit Hund im Hunsrück
Hunsrück Übernachtungstipp: Die Badische Amtskellerey in Kastellaun
Beim Frühstück in der Badischen Amtskellerey sitzt man in der ehemaligen „Waisenschreiberei“, einem entzückenden historischen Gebäude – kreuz und quer mit alten Holztram und einem alten Kachelofen – gemütlicher geht kaum. Ich lerne, dass man sich hier auch Keksaufstrich aufs Butterbrot schmieren kann und teste mal die für mich deutsch-exotischen Frühstücks Aufstriche durch.
Im 17. Jahrhundert entstand dieses Anwesen aus mehreren Gebäuden, in dem man heute auch gemütlich wohnen und abends besagte Haumannskost schmausen kann: Eine Kellerey war früher für die Abgaben, den Zehent, zuständig und hat (leider) nix mit Wein zu tun. Meinen G´spritzten (pardon, Weinschorle. Ja, trocken bitte) bekomme ich natürlich trotzdem abends.
Noch mehr Fotos aus dem Hunsrück
Der Rheinland Pfalz Schnellkursus für uns Österreicher ist aber noch nicht fertig absolviert – gemach, der Wein(berg) und die Mosel fehlen schließlich noch! Wir fahren jetzt weiter an die Mosel und zum nächsten Superlativ der Gegend: Zum steilsten Weinberg Mitteleuropas, den man übrigens per Klettersteig begehen kann. Damit können wir Weinviertler leider nicht dienen. Mal sehen, ob sich mein Gipfelsturm auf den berühmten Bremmer Calmont lohnt…
HINWEIS: Dieser Artikel entstand in einer entgeltlichen Kooperation mit den Rheinland Pfalz Gastlandschaften, der Hunsrück Touristik und dem Moselland. Die Ansichten und Meinungen darin sind unübersehbar meine eigenen und sind Momentaufnahmen meines Aufenthalts im Herbst 2019.
5 comments
Hallo liebe Angelika,
ich stimme dir absolut zu und finde auch, die Mosel ist unbedingt eine Reise wert! Ganz tolle Tipps hast du zusammengestellt. :-))
Wenn man gern wandert, kann man auch eine schöne Woche da verbringen. Wenn man eher an Wein interessiert ist, ist man hier auch wirklich supergut aufgehoben. Die Ortschaften sind zwar sehr schön, ähneln sich aber auch ziemlich. Ich würde sagen, da ist
Auch ganz toll für Touren mit dem E-Bike! Die Fahrradstrecken sind toll ausgebaut und führen wirklich nah an der Mosel entlang. Wir sind zum Beispiel von Zell bis Beilstein geradelt, das war ein richtig schöner Tagesausflug.
Liebe Grüße,
Sylvia
PS: Die Hänegbrüche würde ich mich aber nicht trauen!
Huhu,
ich stimme dir zu, das dort ist eine sehr schöne Ecke ( man sagt mir ja eh einen Hang zu RLP nach ;) und die haben echt sehr schöne Wanderwege. Ich war dort mit einem Gemeinderat unterwegs und seitdem sehe ich das auch noch von einer anderen Seite. Der Ort ist dem Besucheransturm an schönen Tagen, Wochenenden oder Brückentage nicht immer gewachsen. Da kommen bis zu 7 oder waren es 10.000 Gäste am Tag, von 3 Seiten mit Autos und jeder will auf Parkplatz 1… dann das Toilettendilemma, da man zahlen muss, wo sich Naturtoiletten bilden und an die Friedhofsmauer gepinkelt wird. So schön wie es ist, die nötige Infrastruktur ist bescheiden. Und touristisch hat es auch nicht wirklich was gebracht, es investiert niemand…. Am schönsten ist es Abends im Herbst zum Sonnenuntergang. Eine handvoll Besucher, etwa 5-6 weitere Hunde und Laila konnte spielen. Mit HUnd kommste an den starken Tagen auch kaum drüber…
PS: In der Amtskellerei war ich auch, habe gegenüber eine eigene… fast schon Wohnung gehabt, damit es mit dem Hund passt ;)
Mad
Ja, Ich habe gehört, dass an guten Tagen die Besucherlage ganz anders aussieht als zu dem Zeitpunkt frühmorgens, als ich dort war. Das ist leider das PRoblem solcher einzelnen HotSpots – egal wo in Mitteleuropa, das ist bei uns in Österreich nicht anders. Eine Förderung allein genügt eben nicht, um den großen Umsatz das ganze Jahr über zu bringen für eine Gemeinde – ohne touristisches Konzept, das auch das Umland und Ausweich-Hot Spots mit einschließt – das reicht halt wohl nicht. Die eine Sehenswürdigkeit ist halt dann schnell überlaufen an einzelnen Tagen. Dass man sich um Verpflegung, Zufahrtsarten, Parken, Öffnungszeiten, Ausweichmöglichkeiten, WCs, Shopping und Zusatzangebote auch Gedanken machen muss bei einem solchen Touristenhotspot (und zwar vorher) sollte bei Touristikern des jahres 2019 wohl auf der Hand liegen. Tut es aber nicht – same same an vielen Orten, die ich schon besucht habe.
Liebe Angelika,
so schade, dass es mit einem Treffen im Hunsrück nicht geklappt hat. Danke für Deine Impressionen und Deinen Schnellkurs über RLP bzw. den Hunsrück !
Liebe Grüße
Anja
Liebe Angelika,
so schade, dass ich auch unterwegs war, als Du ganz in meiner Nähe Hunsrück und Mosel erforscht hast … ich hätter gerne einen Tag mit Dir verbracht … dann kommst Du das nächste Mal in den Westerwald, dann machen wir das …
Viele Grüße
Martina