Der Herkuleshof am Danielsberg: Kraftplatz, Kult und Sommerfrische

by Angelika Mandler-Saul

„Wie über Nacht ist im Mölltale eine neue Sommerfrische am Danielsberg entstanden“, rühmt die Zeitschrift „Der Fremdenverkehr“ am 9. August 1908 den Danielsberg im Mölltal: Ein Hofrat Kaltenegger aus dem Ackerbauministerium hatte den Berg mit dem Kirchlein gekauft und zunächst dort sein Jagdschloss, dann daraus ein Berggasthaus „mit Anlagen und Aussichtsplätzen“ errichtet. Den Herkuleshof.

herkuleshof danielsberg herz

So sieht er anno 2020 aus: Der Herkuleshof am Danielsberg.

Der Herkuleshof heute

Heute führen Hannes Viehhauser und Shane David Sansom den Herkuleshof am formschönen, den Eingang des Mölltals dominierenden Danielsberg in Kärnten – als Gasthaus mit den so gemütlich knarrenden retro Gästezimmern, deren Intérieurs an die Gäste eben jenes Hofrats erinnern mögen, mit Teich und Hochzeitspavillon, mit eigenen Bienenstöcken (noch vom Papa) sowie mit modernen Zimmern und Suiten im neuen Gästehaus nebenan. Hierher kommt man nach der Wanderung zum Einkehren und Jausnen, als Zwischenstopp bei der Motorradtour, zum Abendessen, zum Heiraten, zum Flanieren und zum Feiern. Oder aber es ist Weihnachtszeit und man will die außergewöhnliche Weihnachtsdeko hier oben mal mit eigenen Augen sehen, weil man schon soviel davon reden gehört hat – vom „Kitsch mit Stil“.

herkuleshof terrasse

Die Terrasse und das Ambiente rund um das alte Gasthaus

Der funkelnagelneue Hochzeitspavillon am Teich

Vielleicht ist man aber auch auf Campingtour in Kärnten unterwegs wie wir und wir wollen endlich mal wieder bei Hannes vorbeischauen, da mein Mann mit Hannes u.a. die Hotelschulbank gedrückt hat. Der Hochzeitspavillon am Teich ist funkelnagelneu, die nächste Hochzeitsgesellschaft steht schon in den post Coronam Startlöchern und wir genießen an einem ruhigen Nachmittag erstmal das so besondere Ambiente und den Blick über den schön gestalteten Teich mit dem besten Sekt von hier bis Wien. Es lebe Adele Bloch-Bauer – zumindest auf der Szigeti Sektflöte – auch wenn sie vielleicht nie hier war. Aber andere betuchte Gäste waren es. Zu Hauf.

sekt herkuleshof

Passt einfach: Klimts Adele am Herkuleshof. Schöne Vorstellung.

Obwohl, was schreibt das Neue Wiener Tagblatt am 1. Mai 1931 einige Jahre nach den Fin de siècle Landpartien und Sommerfrischen der Städter lapidar und von wegen „billig“?

Nunja, bis 1931 hatte der Herkuleshof aber auch schon einige Höhen und viel mehr Tiefen erlebt.

 

„Billige Sommerfrische in Kärnten: Der Danielsberg bei Kolbnitz – Herkuleshof (7 bis 9 Schilling).“

Wir bleiben für einen Nachmittag hier oben am Herkuleshof, schmausen und trinken, spazieren mit Coffee um den Teich und gemeinsam mit Hannes Viehhauser hinan zum Kircherl – für das nur einer den Schlüssel hat – er. Und in der alten Kirche, einer der ältesten erhaltenen romanischen mit Einrichtung aus 1700 mit den schiefen Bänken und dem alten Opferstock, erzählt er uns vom Fresko aus dem 16. Jahrhundert, von den Bergarbeitern im Mölltal, von der Geschichte, der Kunst und vom Leben am Danielsberg. Damals und heute.

Das lange Warten auf den Gipfelsturm beim Kircherl.

Kraftplatz Danielsberg

Sommerfrische im „Alpenhotel Herkuleshof“

Über die Geschichte des Danielsbergs von den k.u.k. Anfängen 1905 mit dem Erstbesitzer Hofrat Kaltenegger aus dem Ackerbauministerium in Wien, über die wechselvolle Geschichte und die vielen Zwangsversteigerungen in der Zwischenkriegszeit, die Enteignung der jüdischen Besitzer und über Urlaub unterm Hakenkreuz bis hin zum Kauf des Bergs durch die Pongauer Familie Viehhauser und dem damit verbundenen Aufschwung des Herkuleshof als Berggasthaus ab den 1960er Jahren – die anfangs beschwerliche Zeit der jungen Wirtsleute ohne genügend fließendes Wasser – das liest man am besten direkt auf der Hotel-Website nach. Denn Hannes Viehhauser hat die Stories dahinter und damit die seiner eigenen Familiengeschichte so lesenswert und liebevoll zusammengefasst, dass ich das gar nicht nochmal wiederholen möchte. Aber ein bisschen musste ich schon recherchieren, Stichwort Sommerfrische am Danielsberg im Mölltal in Kärnten von anno dazumals:

„Schon vor Beendigung des Tauernbahnbaus im Mölltale ist wie über Nacht eine neue Sommerfrische am Danielsberg entstanden. Bisher kannte man den Danielsberg fast nur vom Hörensagen. Jeder bewunderte seine hübsche Form und das Kirchlein… Erst dem Herrn Hofrat Kaltenegger war es vorbehalten, diesen Danielsberg zu erwerben.“

herkuleshof

Der Herkuleshof anno 1908. (Quelle: https://www.herkuleshof.at/

Mit der Wasserleitung haperte es hier am Danielsberg lange, noch heute gibts keine natürliche Quelle. Wie der Hofrat und seine Gäste damals zu seinem Wasser und einer Wasserleitung kamen?  Hannes Viehhauser erzählt uns, wie es gewesen sein könnte. Seine Mama, die seinerzeitige Wirtin des Herkuleshofs, hat jedenfalls noch lange Zeit den Gästen das warme Wasser für die morgendliche Wäsche am Waschtisch im Zimmer händisch vor deren Zimmertür gestellt.

gästezimmer herkuleshof

Ein Kasten in einem Gästezimmer

Mit der Tauernbahn kam – auch hier wie am Semmering – der Tourismus ins Mölltal. Einige Jahre nach der Eröffnung der Tauernstrecke später firmiert der Herkuleshof im „Illustrierter Wegweiser durch die österreichischen Kurorte, Sommerfrischen und Winterstationen“ bereits als „Alpenseehotel“ und „Alpenhotel“. Nach dem ersten Weltkrieg allerdings folgten Zwangsversteigerung auf Zwangsversteigerung, so liest man in der Neuen Freien Presse am 2. März 1918 wie folgt:

„Zwangsversteigerung um 3 Uhr der Liegenschaft am Danielsberg (Gasthaus) – Schätzwert 48.925 Kronen, geringstes Angebot 23.491 Kronen.

1 Krone war damals etwa 2 Euro wert – nur so als Vergleich.

Fast wie damals: Ein Blumenfenster. Oder so ähnlich.

Das Gasthaus: Einkehren, Schmausen, Heiraten

100 Jahre später knattern wir mit dem Campervan das Bergstraßerl (schon die Römer hatten hier ne Straße herauf) hinan und kommen in den Genuss der hervorragenden Küche am Herkuleshof: Ein Schnitzerl und Spargel-Cannelloni, dazu noch ein Glaserl Sekt, die Sonne kommt auch raus und so kann man das ungewöhnliche, aber stilvolle Ambiente hier oben gleich noch viel besser genießen. Der neue Hochzeitspavillon passt in der Bauweise zum alten Gasthaus, der im damals so begehrten „Schweizer Stil“ erbaut wurde – genau so wie die Villen vom Semmering im Villenviertel beim Südbahnhotel – zum Verwechseln ähnlich. Und natürlich hat auch dieses einstige kleine Jagdschloss des Barons im Mölltal am Danielsberg etwas mit dem k.u.k. Eisenbahnbau zu tun, ebenso wie in Toblach in Südtirol, am Semmering oder in Abbazia. 

Ein Ensemble. Anders kann man es nicht sagen.

Als Teil der cisleithanischen „Neuen Alpenbahnen“ der Habsburgermonarchie mit dem Ziel der besseren Anbindung des Hafens Triest an die Industriegebiete der Monarchie wollte man der vielzitierten und sehr erfolgreichen privaten Südbahn (Sommerfrische am Semmering und in Südtirol) endlich ein Schnippchen schlagen. Der hiesige Streckenabschnitt wurde im Juli 1909 eröffnet.

Vom Teich aus

Eine der Gaststuben

Was mir an dem Gasthaus so gut gefallen hat? Als ich die Gaststuben anno 2020 betrete, wirkt es, als wären Adele Bloch-Bauer und Konsorten quasi gerade erst aufgestanden, um sich nach einem frugalen Mahle auf die Zimmer zurückzuziehen. Jede einzelne der Stuben wirkt behaglich, von den glitzernden Lustern über die Kerzeln, die Farben der Tischwäsche und die oft eigenwillige Wandgestaltung bis zur Deko am Fenster (Stichwort „Blumenfenster“ :-)), den Boden und die Räume hintaus, wenn man hinauf (!) zur Toilette steigt. Einfach „zum Sitzen Bleiben“ gemacht.

Die Zimmer im Herkuleshof – alles andere als 0815

Im Gasthaus hat jedes Zimmer einen anderen Stil, einige davon durfte ich kurz besichtigen. Die Suite – benannt nach dem besagten Hofrat – ist besonders üppig ausgestattet, sogar mit eigens genähten Vorhängen für das Bad – all das ergibt einen coolen, gehobenen und doch sehr eigenwilligen Stil an Retro-Chic mit Opernlogen-Flair. Die kleineren Gästezimmer sind eher was für mich – so stell ich mir Zimmer von einst an der Rax oder in Karlsbad vor, als Stefan Zweig oder Franz Werfel reisten. Im  neuen Gästehaus nebenan findet man die gänzlich neuen Zimmer und Suiten – aber wer hier oben absteigt, der hätte was versäumt – allein das Eckzimmer im ersten Stock des alten Haupthauses mit den doppelten Fensterrahmen und dem Blick auf den Teich hat es mir angetan  – hier muss man fast den „Zauberberg“ lesen oder „Brennendes Geheimnis“….

Rundumadum am Kraftplatz Danielsberg

danielsberg kirche

Das Kircherl am Danielsberg

Übrigens der Name „Herkuleshof“ geht auf die Überreste eines römischen Herkulestempels ebenda und eine keltische Kultstätte zurück. Die Kelten schürften nämlich schon damals hier im Mölltal nach Eisen und noch Jahrtausende danach quasi stand das Mölltal für extensiven Bergbau. Und das Kircherl am Gipfel ist dem Hl. Daniel geweiht, das ist der heidnische Herkules. Sie wurde für die Bergknappen auch als Versammlungsplatz gebaut – die wiederum den Hl. Georg als Schutzpatron haben. Alles klar?

Schlüssel Danielsberg

Den Schlüssel gibts nur einmal

Blick ins Mölltal

Die Natur hier oben am Danielsberg wurde übrigens rund um das Gasthaus und das Kircherln mit Kunst aufgepeppt – mit „Arte Danielsberg“. Feuer-Orgeln und Holzskulpturen sowie das Herzerl am Teich machen aus der Location eine große Outdoor Vernissage. Die Schautafeln setzen noch eins drauf: Auch Chef Hannes Viehhauser hat eine gestaltet und mit viel Liebe getextet.

Kraftplatz – Kult – Kunst – Sommerfrische – hier oben am Danielsberg passt einfach alles zusammen.

Kultplatz Glocke

Kultplatz Danielsberg

Der Teich beim Herkuleshof.


Noch mehr Tipps zur Sommerfrische gefällig?

1 comment

andreas 24. Juni 2020 - 21:22

So schön beschrieben und so richtig. Alles. Top.

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