Das Hotel Schani hat eine kleine Schwester bekommen. Sie ist quasi Salondame auf der Mariahilferstraße und zwar in einem ehemaligen Palais der Familie Wittgenstein, kurz: Das Hotel Schani SALON hat seine Pforten geöffnet.
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Das neue Hotel auf der Mariahilferstraße: Das Schani Salon
Das kleine Boutique Hotel befindet sich – Insider kennen sich aus – im selben Haus wie der altehrwürdige Komolka mit seinen begehrten Stoffen. Man muss aber erst das schöne Stiegenhaus oder den entzückenden alten Lift bemühen, um hinauf ins Schani Salon zu gelangen.
Der liegt, wie könnte es anders sein bei einer Salondame der Wiener Moderne – im Mezzanin. Die Lobby, die Rezeption und der Frühstücksraum sind eins, nämlich eben jener Salon. Warum der Name „Salon“ für ein kleines Lifestyle Innenstadthotel? Und für wen?
Für die reisende „Jugend mit Stil“ aus aller Welt, wie es an der Bar prangt? Oder doch für Businesspeople, weil es so hervorragend zentral auf der Mariahilferstraße liegt? Klein ist es und smart, das Hotel mit seinen 24 Zimmern. Und auf den ersten Blick sieht man es nicht gleich im Gewimmel der Schilder. Aber das Gebäude, in dem es sich befindet, hat was.
Das Haus der Wittgensteins stammt aus dem Jahre 1906 und ist im Jugendstil erbaut: Der ehemalige Mode-Salon der Schwestern Flöge (Emilie war Klimts Langzeitfreundin) liegt unweit, Sigmund Freud war um die Ecke in der Berggasse zugange, die Museen mit Ausstellungen zu Schiele, Gerstl und Kokoschka sind nah und die Kaffeehäuser rundum sind ebenfalls sowieso immer einen Besuch wert. Und wo in Wien Jugendstil draufsteht, sind eben Schiele, Klimt, Wagner und Freud nicht weit.
Die Atrium-Zimmer und Ateliers im Schani Salon
Die Zimmer, pardon Ateliers, wurden vom Künstler Oskar Kubinecz diesen vier Hauptprotagonisten nachempfunden – der unumgängliche Schani-Stadtplan in jedem Zimmer ergänzt auch noch mit den architektonischen und geschichtlichen Hotspots ebendieser. Infos im Boutiquehotel mitten auf der Mahü für Jugend mit Stil eben. Hier geht´s zur Hotel Website.
Die Zimmer sind klein, aber ungemein gemütlich eingerichtet und sollen in einzelnen Kleinigkeiten an die Jugendstil Architektur erinnern. Mir persönlich fehlte bei meinem Besuch im Jänner 2018 eine Kofferablage im Zimmer – wie sich hier zwei Personen mit ihrem Gepäck (vor allem nach dem Wien Shopping) aufhalten sollen, ist mir ein Rätsel.
Dafür ist die kleine Sitzecke beim Fenster sehr schnuckelig gestaltet (ein Köfferchen als Hocker) und ich kann nicht umhin, die Espressomaschine und den Wasserkocher (in meinem Zimmer unter dem scheelen Blick Schieles mit der fragwürdigen aber berühmten Handhaltung) höchst positiv hervorzuheben. Wie beim polyglotten Bruder im Sonnwendviertel beim Hauptbahnhof (dem Hotel Schani mit dem wienerischen Touch und urban style) gibt es auch hier in jedem Zimmer einen Stadtplan mit den entsprechenden Hotspots.
Ich habe ein Schiele Zimmer mit Otto Wagner Spots ausgefasst, ein Atrium Zimmer mit Garden View. Die drei größeren „Ateliers“ können bis zu vier Gäste beherbergen und haben zusätzlich noch eine Sitzgelegenheit als Zusatzbett. Hunde-Gäste sind zu einem Aufpreis von 15 € pro Hund und Nacht erlaubt.
Am Gang – alle Räumlichkeiten des Hotels befinden sich auf einer Ebene – gibt es noch einen Getränkeautomaten, in der Bar sprich Lobby sprich Rezeption sprich Salon kann man auch jederzeit einen Drink nehmen. Das Serviceteam ist international und sehr höflich und engagiert, der schnellen wienerischen Diktion aber (noch) nicht so mächtig. Einen Drink in der netten Bar gibt´s bislang nur, wenn man hier offizieller Gast ist. Nicht, wenn ich als Gast Gäste habe oder einen Gesprächspartner hierher einladen will. Dies wiederum widerspricht dem Salon Gedanken der 200 Jahre Salonkultur in Wien allerdings ein wenig …
Der schmale Übergang zum anderen Zimmerflügel ist mit einer kleinen Bibliothek und retro Utensilien wie einem alten Plattenspieler und Telefon sehr ansprechend gelöst.
Hotel Schani Salon: Wieso „Salon“?
Der Salon des Wiener Fin des Siècle und danach war nämlich ein Ort des Netzwerkens, sowohl künstlerischer als auch politischer Natur und niemand wusste das besser als die Salonièren der damaligen Zeit wie etwa die Journalistin Bertha Zuckerlkandl oder die umtriebige Alma Mahler-Werfel. In deren Räumlichkeiten traf sich alles was damals Rang und Namen hatte, hier wurden politische Komplotte geschmiedet, Pantscherln begonnen und beendet und über Kunst parliert. Wer bei der Bertha geladen war der war in Wien halt jemand. Salonleben bekannter hochstehender Damen gab es aber in Wien über 200 Jahre hinweg – jene zur Zeit der Wiener Moderne sind aber die bekanntesten.
Salonièren wie „die Frau Professor“ (Zuckerkandl wurde von Stefan Zweig und Max Reinhardt manchmal so tituliert) oder Alma Mahler-Werfel waren übrigens auch „Promi-Flüchtlinge“ und Exilanten ihrer Zeit, die vor dem NS Regime nach Frankreich, Algerien und in die USA flohen. Alma Mahler gelang es sogar, in der „Neuen Heimat“ den Salongedanken weiter zu pflegen: Nahe Los Angeles entstand während des Zweiten Weltkriegs quasi eine Außenstelle des Wiener, Münchner und Berliner Kulturlebens.
Hier trafen sich – nicht nur im Hollywood Salon bei Werfels, sondern auch bei Lion Feuchtwanger – die vertriebenen Intellektuellen aus dem Alten Europa. Auch hier also: Ganz der Gedanke des „alten, europäischen“ Salons. Nur Nachbar Thomas Mann war wieder mal – trotz elitärer Villa – eher besucherunwillig.
Der „Salon“ des hübschen, neuen Boutique Hotels auf der Mariahilfer Straße des Jahres 2019, des Schani, ist aber bislang eben nur für Hausgäste gedacht, das ist ein wenig schade. Aber da das Lifestyle Hotel ja auch im Mezzanin liegt und kein Straßenlokal ist, wird dies kaum jemandem abgehen.
Treffpunkte zum Antichambrieren und Netzwerken gibt es in der nahen Umgebung an der Mariahilfer Straße ja wirklich ohnehin mehr als genug. Dennoch: Wie auch im Hotel Schani beim Hauptbahnhof denkt man an all jene, die während des Kaffeetrinkens ihre Akkus aufladen wollen – im Salon gibt es bei fast jedem Sitzplatz eine Steckdose, vorbildlich!
Weiterlesen: Das Hotel Schani Wien beim Hauptbahnhof
Rund um´s Hotel Schani Salon Mariahilferstraße
- Café Jelinek: Das mit der Giraffe, den Schauspieler-Fotos von anno dazumals und den hier Rolle lernenden Schauspielern der Wiener Bühnen unserer Zeit, liegt einen kurzen Spaziergang in der Otto Bauer Gasse entfernt. Abgeschnuddelter 1970er Jahre Stil, aber deswegen umso gemütlicher zum Abhängen.
- „Das Café Ritter“ fast direkt gegenüber des Hotel Schani Salon: Könnte man als verlängerten Salon des Hotels bezeichnen. Immer gut zum Essen, Treffen und auf die Mahü schauen. Altwiener Kaffeehaus-Stil.
- Café Europa: In der Zollergasse auf der Laimgrube trifft man sich für Interviews oder für einen Espresso zwischendurch. Eher 1950er Jahr Feeling, aber modern auch im heutigen Sinne.
- Im nahen Raimundhof (ein wunderschöner Innenhof) findet jeder was zum Shoppen oder Genießen, wie etwa die Kekse von Frau Adelheid oder einen veganen Snack im lukullischen Refugium des Secret Garden.
Kultur Tipps à la Wiener Moderne rund um´s Hotel Schani SALON
- 2018 hieß es es im traumhaften Palais Palais Schönburg „Willkommen in meinem Salon“! Die Salonière Bertha Zuckerkandl begrüßt Alma Schindler und ihren Zukünftigen Gustav Mahler, befreit Alexander Girardi aus dem Irrenhaus und trinkt ein Glaserl mit Gustav Klimt. Weitere Gäste sind Otto Wagner und Josef Hoffmann, der ihr Esszimmer ausgestattet hat, der Gründer der Salzburger Festspiele Max Reinhardt und natürlich Arthur Schnitzler. Ein genial inszeniertes Theaterstück zum Mit-Gehen und Mitleben in die Zeit der Wiener Moderne. INFOS: https://www.kunstspielerei.com/wp/
- Das Leopold Museum im Wiener Museumsquartier hat Sammlungen zu Klimt, Moser, Gerstl und Schiele, Wien um 1900 und wechselnde Ausstellungen, die immer einen Besuch wert sind.
- Die Schauspielerin Maxi Blaha schlüpft – auf Tournee in aller Welt und auch im Wiener Belvedere – in die Reformkleider der Emilie Flöge, ihres Zeichens Langzeitfreundin von Gustav Klimt und erfolgreiche Unternehmerin und Modedesignerin ihrer Zeit im damaligen Salon Flöge am Beginn der Mariahilferstraße. Sehenswerte Performance mit vielen Seitenhieben auf „ihren“ Gustav.
- Wer braucht schon Schloss Schönbrunn oder die Prunkräume der Hofburg, wenn man den echten „Nachlass“ der Habsburger hier im Hofmobiliendepot um die Ecke vom Hotel Schani Salon aus erster Hand sehen kann? Hier im Bild: Das Sterbebett von Kronprinz Rudolf aus dem Jagdschloss In Mayerling und sein Schreibtisch mit dem bekannten Totenkopf. Übrigens: Rudolf war ein enger Freund von Bertha Zuckerkandls Vater Moritz Szeps, dem Herausgeber des Neuen Wiener Tagblatts und publizierte dort anonym seine politischen Texte.
Lesetipps zu den Protagonisten des Schani Salon*
- „Emilie Flöge. Auf Freiheit zugeschnitten.“, Margret Greiner, 2016
- „Gustav Klimt. Die Biografie“, Horncastle, Weidinger, 2018
- „Die Salonièren und die Salons in Wien. 200 Jahre Geschichte…“, Helga Peham, 2014
- „Österreich intim: Erinnerungen. Bertha Zuckerkandl“, Federmann, Zuckerkandl, 2013
- „Berg, Wittgenstein, Zuckerkandl: Zentralfiguren der Wiener Moderne“, Fetz, 2018
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HINWEIS: Ich würde vom Hotel Schani Salon eingeladen, eine Nacht im Hotel zu verbringen. Sämtliche Ansichten, Meinungen und Tipps im Artikel spiegeln meine persönliche Meinung wider.
1 comment
Jahrhundertwende neu gemacht. Die Fotos vom Schani schauen sehr einladend aus.