Eine Nacht in einem Benediktiner-Kloster zu verbringen, das ist nicht schwer. Auch ich war eine Nacht im Stift St. Lambrecht in der Steiermark zu Gast. Aber das sagt ja noch gar nichts.
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Eine Nacht im Kloster im Stift St. Lambrecht
„Schön habt Ihr es hier“, sagte einst Karl der Fünfte zu einem Prior, dessen Kloster er besuchte. „Transeuntibus!“ erwiderte der Prior. „Schön? Ja, für die Vorübergehenden.“
(Zitiert aus „Schloss Gripsholm“ von Kurt Tucholsky).
Und genau so ist es auch für mich. Ich darf dank Klösterreich eine Nacht im steirischen Benediktinerstift St. Lambrecht (nahe Grebenzen und Kreischberg) verbringen – quasi als vorübergehende Touristin.
Pater Gerwig Romirer, seines Zeichens Prior, Hofmeister, Leiter der „Schule des Daseins“, Seelsorger, Priester und Geistlicher Assistent beim Katholischen Bildungswerk – arbeitet, lebt, wirkt und betet hier das ganze Jahr und das schon seit 23 Jahren. Er empfängt uns unter einem bunten Hirsch-Plastilin Geweih vor dem eisernen Tor zu seinem Büro. Denn Büroarbeit gibts auch in einem Kloster mehr als genug. Vor allem, wenn man mit der „Schule des Daseins“ in die Öffentlichkeit geht, um Menschen ins Kloster zu holen: „Ora, labora et lege“ – zum Beten, Arbeiten und Lesen, wie der vollständige Grundsatz der Benediktiner lautet.
Seminare und Auszeit im Kloster St. Lambrecht
Die Schule des Daseins bietet Menschen in schwierigen Lebenslagen Hilfestellung – mittels zahlreicher Veranstaltungen und Seminare: 35 beeindruckend verschiedene Seminare werden hier im (warm geheizten) modernisierten aber doch authenten Südtrakt des Klosters abgehalten: Für die, die es intellektuell wollen, jene die den geistlichen Touch suchen, Manager und Kreativlinge. Da gibt es alles: U.a. „Mit den Mönchen feiern“, „Ikonenmaleri“, „Wenn Stille schreit“, „Alphalauf“, „Sommermalen“, „Singen“, „Process Communication Model-Basisseminare“, „Exerzitien für Führungskräfte“ und „Gönn Dir Zeit“.
Aber es geht auch ohne: Einfach nur ein paar Tage in einem einfachen Klosterzimmer ohne WIFI, TV und Radio zu verbringen, regelmäßig mit den Mönchen mitzubeten und zu essen, zu schweigen, zu wandern, durch die Kräutergärten zu streunen – halt VERSUCHEN, NICHTS ZU TUN.
Eine Nacht ohne alles: Auszeit im Kloster St. Lambrecht
Versuchen, nichts zu tun: Das fiele einigen gar nicht leicht, so Pater Alfred Eichmann, der uns später durchs Haus führt. Auch er ist bereits seit 20 jahren im Haus, ist u.a. Seelsorger, Lehrer, Priester in einigen Gemeinden, Küchenmeister. Keiner hier scheint „nur“ Mönch zu sein – alle haben ihre Aufgaben, ihre Dienste, ihre – ja, Hobbies und 3 Wochen Urlaub im Jahr. Wer hierher als „Vorübergehender“ kommt, um, wenn auch nur für ultrakurze Zeit, abzuschalten, tue sich oft sehr schwer. Am Anfang seien alle hochmotiviert, ihre Gerätschaften abzudrehen, aber nach spätestens 3 Tagen würden die meisten wieder unruhig ob der Stille und erst recht unausgeglichen. Kann ich mir gut vorstellen: Ich bin nur für eine Nacht hier und vermisse die Ö1 Nachrichten um 7 Uhr morgens sehr. Stattdessen einfach nur Ruhe und Stille.
Stille gibts hier wahrlich genug für die eigene Auszeit im Kloster – auch im Kräutergarten mit dem barocken Pavillon. Mit dem sozialen Projekt „domenico – achtsam im umgang mit mensch und natur“ gibt es hier noch ein Projekt im Benediktiner-Stift:
Arbeitslosen wieder die Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und das in der Umgebung des Stifts und der barocken Stiftsgärten mit seinen Kräutergärten.
Es gibt Rosenfeste, den Spänling-Stammtisch (Spänling ist die gelbe Zwetschke, die mir zuletzt beim Stanzer Genussfestival in Tirol untergekommen ist), das Erdäpfelfest und am 14.8. die „Lange Nacht im Stiftsgarten“.
Mag. Karin Dorfer ist die Projektleiterin, die in ihrem barocken „Garten des Heilens“ gestaltend wirkt und immer auf der Suche nach Unterstützung und neuen Ideen ist:
Wir kosten das Rosengelée und den natürlich auch selbst gemachten Mädesüß-Saft und das deftige Erdäpfelgewürz nehm ich mit für meine Männer daheim :-)
1000 Rosenstöcke sind hier im Barockgarten ausgepflanzt.
Wir speisen hochherrschaftlich mit Schweinsbraten zu Mittag, die echten Einkehrer (die auch mitbeten und wirklich wegen der Einkehr und der Stille hier sind), sitzen daneben. Aber erst nach der Messe. Und abends gibts Bradlfett, Eckerlkäse, Emmentaler, Radieschen, Brot und Butter – Most, Apfelsaft und Wasser. Also ich finds gemütlich. Aber ich bin ja auch nur eine „Vorübergehende“.
Wie sieht das Zimmer aus im Kloster St. Lambrecht?
Für Übernächtigungs- und Klausurwillige gibt es im Kloster genügend Betten für eine Auszeit: 15 Einzelzimmer stehen für Männer in Klausur zur Verfügung, 15 Doppelzimmer für andere Gäste. Interessant: MARIAZELL wurde von St. Lambrecht aus gegründet. Meine Bettstatt im CONVICT für meine eine Nacht Pseudo-Auszeit bei den Benediktinern ist ein Einzelbettchen; eine ordentliche braune kratzige Überwurfdecke über die Tuchent, eine schöne Spiegelkredenz, eine Couch, ein Tisch mit einschlägiger Literatur, ein Sesselchen, ein Kasten – ein Zimmer mit Blick in den Ort hinunter.
Ich heize mir warm ein, dicke Socken, die Lektüre des Hauses und ein gutes Leselicht. Was braucht man mehr. Ist ja nur eine Nacht. Schön? Ja, für die Vorübergehenden.
Eine Nacht im Kloster Stift Heiligenkreuz
Kloster für Fortgeschrittene: Übernachten im Stift St. Florian
HINWEIS: Ich wurde von Klösterreich eingeladen, eine Nacht im Stift St. Lambrecht zu verbringen. Die Meinungen sind meine höchstpersönlichen. Ich bedanke mich bei Pater Gerwig und Pater Alfred, dass sie uns so freundlich Einblick gewährt haben.
5 comments
Die Erfahrung des „Gut Aufgenommen sein´s“ habe ich auch schon des öfteren in St. Lambrecht gemacht. Ein netter Artikel einer aufmerksamen Vorübergehenden, die die Stimmung des „Anderen“ auf sich wirken lässt. Gefällt mir!!!
[…] Mandler-Saul, of Wiederunterwegs.com: “Kloster für blutige AnfängerInnen – Eine Nacht im Benediktinerstift St. Lambrecht“, “Bauch gut – alles gut.” Bei den Marineschwestern in Bad […]
[…] Mandler-Saul von Wiederunterwegs.com: “Kloster für blutige AnfängerInnen – Eine Nacht im Benediktinerstift St. Lambrecht“, “Bauch gut – alles gut.” Bei den Marineschwestern in Bad […]
Sehr gut getroffen.
Das freut mich sehr, wenn der Artikel ankommt und mein Eindruck authent „rüberkommt“. ganz liebe grüße einer vorübergehenden immer #wiederunterwegs.