„Schiene frei“ für den schnuckeligen Nostalgiezug heißt es am 1. Mai zur Saison-Eröffnung am Bahnhof Retz. Ausflügler, Radfahrer, Wanderer und Lokalbahn-Enthusiasten warten auf den ersten Reblaus Express der Saison. Wir sind dabei.
Inhaltsverzeichnis
Einmal Entschleunigen, bitte – Der Reblaus Express
Er ist wie gemacht für einen entschleunigenden Ausflug: Der Reblaus Express. Wer auf den 40 Kilometern zwischen Retz und Drosendorf die idyllische Landschaft vor den Fenstern des Reblaus Express gemächlich vor sich vorbeiziehen sieht, der kann gar nicht anders, als sich zu enspannen. Hier oben auf der Strecke der Nostalgiebahn zwischen Wein- und Waldviertel kann man auch mal „fünf grade sein lassen“, einfach nur aus dem Fenster schauen und genießen. Nicht umsonst ist der Reblaus Express ja ein Wein- und Genusszug: Und der Genuss bezieht sich gleichermaßen aufs Schauen und Erleben, als auch auf den kulinarischen Genuss.
Der Reblaus Express führt einen eigenen Heurigen Waggon mit sich – kein Wunder, schließlich starten wir mitten im Weinviertel und da im Retzer Land. Auf den zehn Stationen auf der beschaulichen Strecke zwischen Retz im Weinviertel und Drosendorf an der Thaya im Waldviertel fährt man durch Wäldchen und über Felder, entlang von Teichen und passiert immer wieder den parallel verlaufenden Reblaus Radweg.
Saison-Eröffnung beim Reblaus Express
Auf dem Bahnsteig 2 in Retz tummeln sich die Menschen: Familien, Freundesgruppen, zahllose Radfahrer mit ihren E-Bikes und viele andere Nostalgiezug-Freunde warten auf den ersten Reblaus Express der Saison. Die grünen Waggons werden auf einem Nebengleis noch vorbereitet und der Heurigen-Waggon gut befüllt, zwei Züge aus Wien warten wir noch ab und dann heißt es: Schiene frei für die rote Diesellok, die vor uns rangiert wird und sich schließlich zum Ankoppeln der Waggons bereitmacht.
Wir haben eine Reservierung für den „Traminer“-Waggon. Über 50 Räder werden an diesem Tag zudem gratis mitbefördert im Fahrrad-Waggon und für das Catering im Heurigen Waggon zeichnet diesmal die Familie vom Weingut Bender in Niederfladnitz verantwortlich. Denn was ein echter Nostalgiezug im Weinviertel ist, der bietet natürlich auch regionale Heurigen-Schmankerln und gute Tropfen auf der Fahrt an.
Die schönste Schleife der Tour ist, wie ich meine, jene gleich zu Beginn der Fahrt: Wenn der Reblaus Express in weitem Bogen Retz umrundet und den Blick freigibt auf die Stadt und das Wahrzeichen oben am Hügel: Die historische Windmühle. Unser Blick fällt aber auch sofort auf die Kirche, das Rathaus (mit Kirche und Stadtmuseum) und den Turm von Schloss Gatterburg mit dem Fahrradmuseum. Diese Schleife ist auch der krönende Abschluss der Tour, wenn man wieder in Retz einfährt. Dazwischen geht´s auf große Fahrt hinauf ins Waldviertel ins „Thaya Hochland“, die Trasse hat dabei eine Steigung von bis zu 25 Promille.
Das Intérieur der drei Waggons mit den durchnummerierten Sitzplätzen ist höchst einladend: Auf dunkelgrünen, samtigen Sitzen und mit polierten Haltegriffen und alten Kofferablagen über unseren Köpfen fühlen wir uns wirklich ein wenig nostalgisch unterwegs wie anno dazumals.
Im Heurigen Waggon ist während unsere ganzen Fahrt wahrlich Hochbetrieb. Da werden Salzstangerl belegt, Aufstrichbrote geschmiert, und Fleischbrote bunt garniert. Der Wein vom Weingut Bender wird bouteillenweise und per Glas serviert und dann erst die hausgemachten Mehlspeisen: Auf unserer Fahrt beim Saison Opening gibt es u.a. frische Kardinalschnitten. Wie bei einem echten Heurigen gibt es auch beim Reblaus Express einen aktuellen „Heurigenkalender“: Dort ist ersichtlich, welches Weingut, welcher Winzer oder welcher Verein sich am entsprechenden Wochenende um die kulinarische Versorgung der Ausflügler kümmert, bzw „ausg´steckt“ hat auf der Fahrt.
Video vom Saisonstart des Reblaus Express 2024
Wir waren mit dem Wiederunterwegs-Team dabei und haben auf Instagram und Facebook davon berichtet. Hier gibt es einen kleinen Zusammenschnitt der Highlights der Fahrt – zum Gusto Machen und Vor-Freuen für Eure nächste Fahrt am Reblaus Express. Die leider viel zu schnell vorüber ist.
Kurze Geschichte der Nostalgiebahn
Seit 1910 fährt man mit der Bahn von Retz nach Drosendorf und retour: Die Stadt Wien benötigte damals wegen ihrer rasch zunehmenden Größe Nahrungsmittel, auch Holz und Industriegüter kamen aus dieser Gegend. Gleichzeitig kamen Wallfahrer und Sommerfrischler hier herauf ins erfrischende Thayatal, heute ein Nationalpark.
Bis in die 1930er sommerfrischelte man noch an der Thaya, aber nach dem 2. Weltkrieg und wegen der Lage direkt am Eisernen Vorhang wurde der Personenverkehr 2001 eingestellt. Aber schon ein Jahr später wurde die Idee des Reblaus Express als Ausflugsbähnlein geboren. 2010 schließlich wurde der Betrieb von den Niederösterreich Bahnen übernommen.
Eine Eisenbahn Fahrt vom Weinviertel ins Waldviertel
Retz: Von der Windmühle in den Erlebniskeller
Schöner als in Retz könnte man eine Nostalgiezug Fahrt vom Wein- ins Waldviertel nicht starten. Denn in Retz kann man durchaus lohnend gleich mehrere Tage verbringen, bevor oder nachdem man sich auf die Reblaus-Tour begibt. Die Windmühle als Wahrzeichen der Stadt wurde 1853 erbaut und hat vor 100 Jahren – also 1924 – zum letzten Mal mithilfe des Windes ihr Mehl gemahlen, heute fungiert sie als wunderschön renovierte Schaumühle. Das unterirdische Retz wiederum gibt es auch. Das ist ein über 20 Kilometer langer und auf mehreren Geschoßen befindlicher Erlebniskeller mit Dampflöchern, die in der ganzen Stadt verteilt sind: Den Retzer Erlebniskeller muss man einfach besucht haben. Davor oder danach bietet sich der Aufstieg auf den Rathausturm an, um einmal den Blick über den schönen Hauptplatz von Retz auch von oben zu besehen – unterirdisch ist er vollkommen von Kellern eingenommen.
- Neueröffnung: Sgrafit Hotel
- Besichtigung und Führung Retzer Windmühle
- Unterirdische Gefilde: Der Retzer Erlebniskeller
- Weinwanderweg Retz: Leichte und lohnende Rundwanderung (6km) ab Hauptplatz mit Querung: Dort wo die Reblaus steht – Namensgeber
- Am Znaimertor: Café und Wein mit kühlem Innenhof und wunderschönem Intérieur im historischen Gewölbe
- GLEICH HIER: Günstige Unterkünfte finden
Die Stationen zwischen Retz und Drosendorf
Nach der schönen Retz-Kurve und einem kleinen Waldstück gelangt der Reblaus Express zunächst nach Hofern und dann nach Niederfladnitz. Aus diesem Ort stammt die Familie Bender, die heute für unser Catering im Heurigen-Waggon verantwortlich zeichnet. Das lohnendste Ausflugsziel von dieser Gegend aus ist die 800 Jahre alte Burgruine Kaja im Thayatal bei Hardegg, der kleinsten Stadt Österreichs direkt im Nationalpark. Die erreicht man am besten, wenn man in Pleißing aussteigt.
Wir fahren weiter – schon gestärkt mit einem G´spritzten vom Bender und einem frisch für uns bereiteten Salzstangerl mit Speck („Wo man Salzstangerln anbietet, da lass Dich ruhig nieder“ – so mein höchstpersönliches Credo) – nach Weitersfeld. Draußen blüht der Raps gelb, wir sehen Rehe und Fasane und immer wieder die Radfahrer, die sich bei starkem Gegenwind den Reblaus-Radlweg entlang kämpfen. Uns geht´s besser im Reblaus Express: Die Steigung bei Weitersfeld merken wir Insassen im Reblaus Express gar nicht.
Im Anglerparadies Hessendorf können wir den Reblaus Express kurz verlassen, etwa 15 Minuten ist hier Aufenthalt. Direkt an einem der sieben Teiche gelegen, laden das Gasthaus mit der Seeterrasse und der Freizeitpark daneben sowie frei nutzbare Grillstationen zum Bleiben ein. Manche fahren – mit ihrem Angelzeug ausgestattet – mit dem Reblaus Express hierher, um ihrem Sport zu frönen. Die gefangenen Fische lässt man von Profis ausnehmen und kann sie dann selbst vorort grillen oder im Gasthaus zubereiten zu lassen. Kurz vor der Station ist es besonders schön, rechter Hand aus dem Fenster des Reblaus Express zu schauen, die Teichlandschaft zieht geruhsam vorbei…
Weiter geht es nach Langau, eine Gemeinde, die ich wegen des Campingplatzes und der Bademöglichkeiten am „Bergwerk“-See kenne. Hier wurde bis in die 1960er Jahre Braunkohle abgebaut, es gab hier – was man als nicht Eingeweihnter kaum vermuten wurde – also ein Bergwerk. Nach Stilllegung füllte sich die alte Grube des Bergwerks mit Wasser, heute der See der Freizeitgemeinde. Und auch die nächste Station kenne ich seit vielen Jahrzehnten: Das schöne Geras (Station Geras-Kottau) mit seinem Kloster, dem wieder neu eröffneten Stifts-Park und dem Kräutergarten des Kräuterpfarrer Weidinger, der nach seinen Jahren in aller Welt hier eine Bleibe fand und das Kräuterwissen kultivierte. Der Campingplatz in Geras hat übrigens 2023 neu eröffnet und liegt direkt neben dem sehr lohnenden Naturpark Geras, den wir schon oft besucht haben.
Hier oben im Waldviertel gibt es also einiges zu entdecken, der Reblaus Express hat sich seine Strecke wirklich gut ausgesucht… Wer eine Führung im Stift Geras mitmacht, kommt in den Genuss eines berühmten Troger Freskos im Marmorsaal, fast so berühmt wie im Stift Melk oder Stift Zwettl.
In Zissersdorf erreichen wir mit dem Reblaus Express den „höchsten“ Punkt unserer Fahrt vom Weinviertel ins Waldviertel. Gestartet haben wir in Retz auf 252 Metern, nun sind wir auf üppigen 485 Metern gelandet. Aber kurz nach Zissersdorf steigen wir aus: Drosendorf an der Thaya!
Drosendorf: Die Sommerfrische von heute
Noch heute frönt man in Drosendorf an der Thaya der Sommerfrische und kommt hier für einen erfrischenden Ausflug an heißen Sommertagen, zum Baden im schön renovierten Strandbad oder zum Wildbaden an der Thaya. Drosendorf gehört aber auch zu den Stadtmauerstädten Niederösterreichs, denn hier findet man die einzige noch durchgängig begehbare und erhaltene Stadtmauer Österreichs. Auf einer ausgeschilderten Sommerfrische-Promenadenwanderung (Rundweg ca 1 Stunde) bekommt man einen hervorragenden Überblick über Geschichte und Lage der mittelalterlichen Stadt, die an drei Seiten von der Thaya umflossen wird – an der vierten thront das Renaissance Schloss Drosendorf, heute auch ein Hotel das zur Sommerfrische einlädt. Auf der Promenadenwanderung kann man Spielstation, Hängematten und andere lauschige Picknickplatzerln nutzen. Über den Studentensteig etwa geht es dann direttissima hinab zur Thaya.
Einen Überblick gibt auch die Stadtführerin, die bei Ankunft des Reblaus Express an den Wochenenden am Bahnhof in Drosendorf wartet und interessierte Ausflügler mitnimmt auf eine Zeitreise per pedes.
Oder aber man verbringt die Zeit bis zur Abfahrt des übernächsten Zugs retour nach Retz mit einer individuellen Wanderung hinab zur Thaya oder einer Einkehr in einem der Gasthäuser.
Mittels der Hearonymus App kann man sich auch per Audio und am Smartphone durch die Stadt führen lassen. Oder aber man folgt einem der „Stillen Pfade“ durch Drosendorf und findet seinen ganz persönlichen Picknickplatz am Fluss auf der alten Sommerfrischen-Promenade.
- Strandbad Drosendorf: seit 1929 an dieser Stelle, mit schönem Holzpavillon, wunderschöner Lagerwiese, Kino und Kulinarik (Hunde verboten)
- Napuring Drosendorf: Traumhaft gelegener, schattiger und neuer Campingplatz mit schönen Stellplätzen an der Thayaschleife (Hunde verboten)
- WOMO Stellplatz der Stadtgemeinde
- Gasthaus Tipps: GH zur Hammerschmiede, GH zum Goldenen Lamm
- Hotel Schloss Drosendorf: Romantische Übernachtung in historischen Räumlichkeiten von Künstlerzimmer bis Burgkammer bis zur Maria Theresia Suite.
- Stille Pfade durch Drosendorf (Folder)
Einen Ausflug mit dem Reblaus Express planen
Wann fährt der Reblaus-Express 2024?
In der Saison von 1. Mai bis 27. Oktober 2024 kann man an allen Wochenenden und Feiertagen ein Platzerl am Reblaus Express ergattern. Zudem fährt die Bahn auch am 10. und 31. Mai 2024. In der sommerlichen Hochsaison (5. Juli – 30. August) verkehren die Züge auch am Freitag, um das Weekend optimal auskosten zu können.
- Fahrplan 2025: – Termine am 6., 13., 20. und 27. Juli 2024
- Den aktuellen Fahrplan der Saison gibt es online
- Bitte unbedingt Sitzplatzreservierung und Fahrradreservierung (alles gratis) vornehmen
- Die Kinderwagen können im Fahrrad Waggon mittransportiert werden
- Fahrpläne für die vorweihnachtlichen Sonderzüge auch für den 7. Dezember und 24. Dezember 2024
- Hunde benötigen Beißkorb und Leine unterwegs
- Hearonymus App mit Infos zum Reblaus Express zum Zuhören
- Günstige Unterkünfte in der Region finden
Tipp: Der Reblaus-Radweg
Viele nutzen den Reblaus Express auch für eine Radtour. Nichts leichter, als in Retz das Fahrrad oder das E-Bike im eigenen Fahrradwaggon unterzubringen und gemächlich mit dem Züglein nach Drosendorf zu fahren. Die Mitnahme der Räder im Reblaus Express ist übrigens gratis, eine Reservierung wird aber empfohlen. In Drosendorf etwa kann man dann in den Reblaus Radweg einsteigen, der immer nahe der Zugstrecke auf 50 Kilometern zum Ausgangspunkt zurückführt – natürlich bieten sich hier ein paar flotte Abstecher auf der Strecke jederzeit an.
An starken Ausflugstagen hat der Reblaus Express sogar schon bis zu 80 Rädern befördert, hören wir. Übrigens: Von Drosendorf retour nach Retz verläuft die Radlstrecke natürlich immer ganz leicht bergab, schließlich liegt das Waldviertel ja in erfrischend „höheren“ Gefilden als das Weinviertel. Für motivierte Langstreckenradler kann man den Reblaus Radweg durchaus auch mit dem Iron Curtain Trail EuroVelo 13 (400 Kilometer entlang es ehemaligen Eisernen Vorhangs von Gmünd im Waldviertel nach Bratislava), oder gar der Kamp-Thaya-March-Radroute verbinden. Alles ist drin auf der Route des Reblaus Express.
Die Niederösterreich Card gilt auch am Reblaus Express!
NIcht nur den Reblaus Express kann man mit der Niederösterreich Card einmal gratis befahren (Reservierung empfohlen), sondern auch die zahlreichen anderen Ausflugs-Locations entlang der Strecke besuchen, so die Retzer Windmühle, das Fahrradmuseum Retz, den Retzer Erlebniskeller und das Museum Retz mit der Südmährischen Galerie. Weiters gibt es gratis Eintritt in das Nationalparkhaus Thayatal bei den Wildkatzen, im Stift Geras bei der Führung und im Naturpark Geras.
So lässt sich eine Fahrt am Reblaus Express herrlich verbinden mit den schönsten Ausflugszielen der Regionen Retzer Land und Thayatal, mit dem Fahrrad oder auch den Wanderstöcken mit dabei. Die Fahrt selbst dauert von Retz nach Drosendorf etwa 1 Stunde und 40 Minuten, retour geht´s leicht bergab ins Weinviertel mit einer Fahrzeit von etwa 1 Stunde und 20 Minuten. In jedem Fall ist die Fahrt selbst -gefühlt- viel zu schnell vorbei, deshalb sollte man sich zumindest in Retz und Drosendorf noch ausreichend Zeit nehmen, um den Tag so richtig auszukosten.
Noch besser: Gleich ein ganzes Wochenende rund um die Fahrt im Reblaus Express planen!
HINWEIS: Entgeltliche Kooperation mit den Niederösterreich Bahnen. Die Eindrücke und Meinungen in dem Artikel sind meine eigenen.