Ich schreibe zwar recht gerne, aber nicht ausschließlich zu meinem Vergnügen. Bis jetzt habe ich es meist getan, um von Erlebnissen #wiederunterwegs zu berichten und/oder damit Geld zu verdienen. EIgentlich lese ich ja lieber. Und schon gar nicht schreibe ich „kreativ“, wie ich finde. Aber nach zwei Tagen mit Journalistin, Bloggerin und Schreibtrainerin Anita Arneitz bin ich mir nun der unumstößlichen Tatsache bewusst, dass es auch im Schreib-Universum wie so oft eine für mich bis dato unbekannte Parallelwelt gibt. Nämlich jene derer, die zum Spaß vor sich hinschreiben und dabei unglaubliche Eingebungen haben, die mir im kreativsten Traum nicht einfielen. Profis nennen das etwa „Morgenseiten“ füllen, Freewriting betreiben oder einfach „Kreatives Schreiben“ Für all das bin ich jetzt nicht so der Typ, wie ich zunächst fand.
Aber weil ich in meinen pragmatischen Denkweisen (noch) nicht so eingefahren bin, wie ich es anderen Menschen in meiner nächsten Umgebung (zu Recht wie ich meine) gerne vorwerfe, habe ich mich auf das zweitägige Kreative Schreibseminar von und mit Anita Arneitz im herrlichen Barock-Saal des Stift Ossiach trotz langer heißer Anreise eingelassen und siehe da, meine Vorfreude auf etwas Neues wurde belohnt. Hab ich doch einiges gelernt dabei. Nicht zuletzt mal wieder die Einsicht, dass mein „innerer Kritiker“ (wie es Anita als Profi nennt) 24 Stunden am Tag ON DUTY ist und damit mich und meine schlummernde schreiberische Kreativität gehörig in der Zange hat. Sie gar massiv hemmt – möchte ich fast sagen. Überrascht haben mich auch die vielen Themenvorschläge auf Anitas kreativen „Schreibinseln“ im Barocksaal.
Was habe ich beim Schreibseminar vom Profi nun gelernt?
- Meine ersten Sätze bei jeder Blogstory könnten deutlich knackiger sein – kürzer, einsilbiger, einfach besser. Bei dieser Schreibaufgabe „Finde einen besten ersten Satz“ musste ich unweigerlich an diesen Wettbewerb denken, den es vor einigen Jahren gegeben hatte: Den schönsten ersten Satz eines Buches in der deutschsprachigen Literatur zu finden. Auf den ersten Platz hatte es damals Günter Grass geschafft mit „Ilsebill salzte nach“ aus „Der Butt“. Ich entschied mich für
„Ich schau so harmlos aus“.
Nunja. Zumindest ist auch diesem Satz die Kürze und die Würze eigen, zu der mich Anita bei einer
- weiteren Prosa Übung anhielt: Einen Text ausschließlich aus ein- und zweisilbigen Worten zu gestalten. No, da muss man schon im schlafenden aktiven Wortschatz stöbern und die Synonyme von anno dazumals rauskramen. Außerdem wichtig: Daran denken, dass ich mit meinem Reiseblog
- für alle fünf Sinne schreibe – oder schreiben könnte. Das würde dann anstatt
…“Coffee und ich wanderten schwitzend hintaus aufs Feld, stöberten Mäuselöcher auf und ärgerten uns über die frechen Hasenmeuten..“
wie folgt klingen:
Coffees überlange, rabenschwarze und vor Aufregung glänzende Hundenase bohrt sich gierig in ein winziges Mauseloch im knochentrockenen Boden des gelb wogenden Sonnenblumenfelds. Der Staub weht uns stickig entgegen und legt sich wie ein klebriges Band auf mein heißes Gesicht. Die sengende Hitze des Sommers hintaus brennt am Rücken und auf Coffees dampfendem Fell….etc. etc.
Vielleicht habe ich hier auch ein wenig übertrieben, aber ich denke ich habe es verstanden. Die Schreibaufgaben (allesamt nur „Angebote“, wie Anita versichert – jeder darf selbst für sich entscheiden, ob man das Angebot annimmt oder an einem anderen Projekt arbeitet) beginnen, mir Spaß zu machen. Gerade deswegen, weil es Anregungen sind, mein täglich Brot (das Schreiben) irgendwie einmal ein bisschen anders anzugehen. Von einer kreativeren Seite eben. Vielleicht sogar mal lockerer.
- Die Aufgabe „Freewriting“ (ohne Pause ohne Auftrag vor mich hinkritzeln) klang in meinen pragmatischen Ohren zunächst ein wenig banal. Aber nach 11 Minuten, in denen ich unentwegt geschrieben hatte, was mir durch den Kopf ging, war dann auch mir klar: Ich hab auch was zu sagen, wenn ich glaube, nichts zu sagen zu haben. Wieso gäbe es denn sonst soviele Bücher auf der Welt – und nicht nur Köhlmeiers, Folletts und Rowlings – sondern noch ein paar andere.
Foto: Anita Arneitz
- Auch der fakultative Schreibauftrag über die „Eule im Stift Ossiach“ war mir zunächst ehrlich gesagt – ein wenig zuwider. Was hab ich mit imaginären Eulen zu tun und warum soll ich da jetzt eine Geschichte drüber schreiben – das widerstrebte mir gewaltig. Doch das Schreibseminar war ja freundlicher Weise direkt am Ossiacher See angesiedelt, sodass ich erst meine Zweifel im weichen warmen Seewasser (Achtung, ich schreibe für alle Sinne) plätschernd ertränkte und danach quasi ferngesteuert am Steg meine ungeliebte Eulen-Geschichte niederkritzelte. Fazit meines Elaborats:
„…Die Weinviertler Eule fliegt mutig allein des Nachts an den Ossiachersee, lässt die feigen Eulenfreundinnen mit ihren zeternden Kindern daheim im Windviertel zurück und erlebt das wohlig warme Alpe-Adria Klima am See. Als einzige wagt sie es, über den Eulen-Tellerrand zu flattern. Sie würde es wieder tun…“
Ich könnte noch viel mehr erzählen von meinem ersten Kreativen Schreibseminar. So habe ich etwa mein erstes holpriges HAIKU „gedichtet“. Das möchte ich Euch nun doch nicht vorenthalten:
Wenn der Schlaf übermannt. Und der Hund im Körbchen schnarcht. Wird es endlich ruhig.
Es gab technische Schreibtipps und Einblicke in das Leben von Erfolgsautoren, erste Sätze wurden fachgerecht von mir permutiert (gelang mir hervorragend wie ich meine) sowie Dialoge zusammengebastelt und danach vor wohlwollenden Mit-Schreiberlingen selbst vorgetragen (Mein Dialog-Thema: „Ein typischer Sonntag bei Angelika und Andreas im Weinviertel“). Ich zwang meine Fingerabdrücke, eine Geschichte zu erzählen und immer wieder versuchte ich, einfach drauf loszuschreiben. Meine innere Kritikerin hintan zu stellen, nicht an den vermeintlichen Erfolg eines Textes zu denken und einfach mal „nur zum Spaß“ zu schreiben. Anita leitete unsere Gedanken gekonnt durch die beiden Tage, beantwortete alle meine laienhaften Fragen („Wieviel Geld bleibt dem Autor eines Buches übrig?“) und gab mir permanent Tipps zum Reichwerden, äh zum Schreiben.
Was nehme ich noch mit von meinem ersten Schreibseminar? Den Mut zur Lücke, mehr Selbstbewusstsein zu meinem Stil (?) und die Erkenntnis, dass Chronologie selten spannend ist.
Das Beste am Schreibseminar? Den Nachmittag verbrachten wir im Gastgarten und am See und – Die Spielregel: „Nicht jeder Text muss zerredet werden“. Und damit schließe ich.
Restaurant-Tipps in Ossiach: Beim Naturgasthof Schlosswirt auf der Terrasse (Schwarzbeerstrudel) und beim Seewirt unter den Kastanienbäumen (Grille-Saibling) sowie im Gastgarten des Stifts Ossiach (Kärnter Eisreindling mit Grantn-Schleck ;-) habe ich mich kulinarisch sehr wohl gefühlt. Und zum Radfahren bin ich auch gekommen.
HINWEIS: Ich bedanke mich bei meiner Kollegin Anita Arneitz für die Möglichkeit, an diesem Schreibseminar teilzunehmen. Ihre nächsten Termine für Kreative Schreibseminare sind schon online !
8 comments
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Liebe Angelika, du warst eine große Bereicherung und ich kann mich noch gut an deinen wahnsinnig starken Dialog erinnern ;) Hoffentlich bis bald mal! LG Anita
Danke liebe Kollegin – ja, das war ein interessantes Weekend bei Dir im Schreibseminar. Der Dialog war halt so wie das Leben spielt :-)
Sehr interessante Geschichte übers Schreiben und so! Ein ? solltest du mit einem ! ersetzen – dann passt’s besser.
Ich glaube auch, dass Du das „mit allen Sinnen Schreiben“ verstanden hast! Die Übersetzung von: …“Coffee und ich wanderten schwitzend hintaus aufs Feld, stöberten Mäuselöcher auf und ärgerten uns über die frechen Hasenmeuten…“ finde ich ziemlich gelungen. Viel Spass dabei weiterhin! Liebe Grüße, .dia (-:
Ich glaube ich kenne diese besagte Weinviertler Eule. :D