Wir haben den Semmering Bahnwanderweg bezwungen: Eine genussreiche Wanderung mit vielen Aussichtspunkten von Semmering nach Breitenstein – engagierte Wanderer gehen weiter nach Payerbach und fahren von dort mit dem Zug nach Wien retour.
Inhaltsverzeichnis
Wiederunterwegs zum Bahnwanderweg mit der Semmeringbahn
Das Gebiet um den Semmering und die Rax ist einer meiner persönlichen Sehnsuchtsorte in Österreich – deswegen, weil ich soviel darüber gelesen habe und an jeder Ecke eine Villa oder ein Hotel sehe, wozu mir eine Geschichte oder Begebenheit einfällt:
Von Schnitzler, Hofmannsthal, Alma Mahler oder Peter Altenberg und Oskar Kokoschka – sie alle und noch viele andere Literaten, Künstler und Schauspieler waren in dieser Gegend vor über 100 Jahren regelmäßig zu Gast – und haben in Briefen und Biografien darüber berichtet. Und alle sind sie damals mit der Bahn „hier heraus“ gekommen. Die Semmeringbahn gilt als die erste Hochgebirgseisenbahn der Welt und der Ort Semmering war einst der höchstgelegene Bahnhof der Welt – heute liegt dieser in Tibet, soviel ich weiß.
Wir sind mit Hund und Auto vom Weinviertel nach Breitenstein unterwegs, stellen hier das Auto am Bahnhof ab und fahren nur 8 Minuten nach Semmering, wo unsere dreieinhalbstündige Wanderung retour entlang des Semmering Bahnwanderwegs startet. Aber wer von Wien oder Wr. Neustadt schon mit dem Zug anreist (und alle, dies sich das logistisch und zeittechnisch leisten können für diese Wanderung, sei dies empfohlen), sollte sich dazu die Semmeringbahn Audio Guide App runterladen und während der Fahrt dieser lauschen – als Einstimmung in die Geschichte rund um das UNESCO Welterbe Semmeringbahn.
-Auf der Semmeringbahn mit der Audio Guide APP
„Bitte nehmen Sie Richtung Graz auf der linken Seite Platz!“
GPS aufdrehen, Fahrtrichtung wählen (in unserem Fall von Gloggnitz nach Mürzzuschlag) und dann nur noch: Zuhören und Rausschauen aus dem Fenster auf dem Weg in die UNESCO Weltkulturerbe Region Semmering Rax!
Im Ort Gloggnitz ist quasi der Anfang der Semmeringbahn, die ab 1848 gebaut wurde, damals viele Arbeitsplätze schuf und als Hochleistung in Sachen Ingenieurskunst galt und immer noch gilt. Wirklich spannend wird es ab Payerbach Reichenau mit dem wunderschönen Schwarza-Viadukt (das längste Viadukt der Semmeringbahn mit 13 Bögen) über den Fluss – jetzt ist LINKS sitzen wirklich Pflicht.
In Payerbach dreht sich die Gleisschleife einmal – überhaupt schlängelt sich die Semmeringbahn manchmal so verwinkelt trassiert, dass man nicht weiß, wo man hinsehen soll – wenn man das Pfeifen und Gerattere der herannahenden Züge hört, aber nix sieht. Für diese Leistung wurde Baumeister Ghega (der auf der ganzen Welt vorher recherchiert hatte, wie die Semmeringbahn denn anzulegen sei – diese Gebirgsbahn!) noch 1851 zum Ritter geschlagen, dem Kaiser waren diese technischen Leistungen allerdings nicht ganz so geheuer, scheint´s.
Nach Küb (altes Postamt besuchen, wenn es offen ist) geht´s zum ersten Tunnel der Semmeringbahn. Nach Klamm-Schottwien sieht man die Autobrücke der S6 mit einer der längsten Spannbetonbrücken Europas, was wohl Ghega dazu sagen würde – zu diesem Bauwerk?
Dann geht´s Schlag auf Schlag: Der Weinzettlwaldtunnel (sieht man später von der Wanderung aus hervorragend von der Doppelreiterwarte aus) mit den schönen Galerien, der Bahnhof Breitenstein (wo unser Auto auf uns nach der Wanderung wartet) und dann der Höhepunkt: Das Viadukt über die Krausl Klause, die Pollereswand Klause und das zweigeschoßige Kalte Rinne Viadukt mit dem Wächterhaus, dem jetzigen Ghega Museum. All diese Höhepunkte erwandern wir heute noch per pedes, jetzt noch vom Zug aus. Der Adlitzgraden bei etwa Bahnkilometer 100 (Oberleitungsmasten – Am Südbahnhof ist Kilometer 1) mit einem ganz engen Kreisradius folgt – und dann erspähe ich kurz das Kurhaus Semmering, eines meiner persönlichen Kleinode am Semmering.
Unser Wanderung am Semmering Bahnwanderweg wird ganz knapp daran vorbeiführen und an der Bahnstation Wolfsbergkogel, die jetzt folgt. Jetzt sind wir da: Im Bahnhof Semmering auf 896 Metern Seehöhe. Hier stieg man früher aus, um zum Grandhotel Südbahnhotel oder zum Panhans zu kommen. Wir starten hier beim Ghega Denkmal unsere Bahnwanderung retour nach Breitenstein.
Auch meine winterliche Villen Wanderung habe ich hier begonnen – Empfehlung für Hundespaziergänger. Der Zug fährt weiter nach Mürzzuschlag: Viktor Kaplan wurde hier (im Bahnhofsgebäude) geboren, Johannes Brahms verbrachte zwei Sommer komponierend hier und Literaturnobelpreis Trägerin Elfriede Jelinek stammt ebenfalls von hier.
-Das Museum im Bahnhof Semmering
Es hat nur selten offen, aber wenn – dann decke ich mich dort ein mit aktuellen Foldern aus den Wiener Alpen und vor allem mit Retro Werbepostern aus der Region Semmering Rax. Einige davon hängen schon bei mir daheim.
-Das Südbahnmuseum in Mürzzuschlag
Wir haben die Bahnwanderung mit der anschließenden Nächtigung im Looshaus und Einkehr im Althammerhof anderntags noch mit einem Besuch im Südbahnmuseum in Mürzzuschlag beschlossen. Ein schöner Ausflug für Bahninteressierte (Hunde erlaubt) und wer Zeit hat, kann auch noch das Brahms Museum in Mürz mitnehmen. Eine riesige Ausstellungslandschaft in zwei Hallen mit einem Schwerpunkt zur Semmeringbahn und dem Rundlokschoppen mit Zügen und Lokomotiven – teilweise zum Erklimmen ins Führerhaus.
FotoShow zum Durchklicken:
Am Bahnwanderweg von Semmering nach Breitenstein
-Eckdaten zu unserer Wanderung bei der Semmeringbahn
- Länge: ca 10 Kilometer
- Auf- und Abstieg: Je etwa 500 hm rauf und runter, 2 kurze steile Stücke bergauf dabei
- Dauer: 3:30 Stunden – wir haben mit Jausenpausen und Fotografieren und Staunen 4:00 gebraucht
- Anreise: Unser Auto haben wir in Breitenstein beim Bahnhof abgestellt, sind dann mit dem Zug um 8:59 morgens nach Semmering gefahren und haben dort die Wanderung begonnen. So hatten wir keinen Stress, einen bestimmten Retourzug in Breitenstsein zu erwischen.
- Tour als pdf und mit gpx: Wiener Alpen Beschreibung
Der NÖ Bahnwanderweg ist einer der am besten markierten Wanderwege, die ich je in Österreich gesehen habe :-) Hier kann man sich wirklich nicht vergehen. In beiden Richtungen hervorragend mit gelben Schildern markiert und immer mit der Bahntrasse im Blick – wir starten gleich mal zur Station Wolfsbergkogel, die Bahnstation für die Gäste, die einst im elitären Kurhaus Semmering wohnten.
Dort vorbei geht´s in den Wald zur Doppelreiterwarte – der erste schöne Aussichtspunkt, von wo aus man die Weinzettlwand und die Polleres Wand sieht, weiters den Ort Breitenstein (wo unser Auto auf uns wartet), wo am Werfelweg (heutzutage gibts eine MTB Strecke nach Franz Werfel benannt – wenn der das wüsste :-) im Ortsteil Orthof die Alma Mahler Villa steht.
-Aussichtspunkte und Viadukte am Bahnwanderweg Semmering
Eigentlich ist die ganze Wanderung eine einzige Aussichts-Strecke, nur manchmal geht es durch den Wald und da oder dort blitzt ein Villendach hervor. Manchmal weiß ich, welche das ist und wem sie einst gehört hat wie etwa bei der blauen Villa Mauthner Markhof (Schwiegersohn Kolo Moser) – manchmal tappe ich im Dunkeln und spinne meine eigene Geschichten.
Durch den Wald vorbei am Zwanzig SchillingAusblick gen Pollereswand geht´s leicht hinab und vorbei an Villa Antoinette und den Ferienwohnungen der Villa Daheim Richtung ehemalige Dampfwäscherei (erkennbar am Schlot – heute Wohnhaus des Golfhauses Geiger) und Meierei des Südbahnhotels . Hier in der Nähe liegt der älteste Golfplatz Österreichs (1926), wir aber wandern gen Adlitzgräben vorbei an Villen und der Einkehr-Labestation Hinterholz 9 (Bitte läuten!). Dann endlich die ersten Trainspotter, die mit Stativ und Kamera beim Adlitzgraben Viadukt auf den nächsten Zug warten. Hat nicht lang gedauert….
Fotoshow zum Durchklicken: Semmeringbahn – Bahnwanderweg- Weltkulturerbe
Eine kurze Steigung hinan mit schönem Ausblick retour auf die Villen und weiter geht´s auf einem sehr schönen Waldpfad dem Berghang entlang und etwas oberhalb der Semmeringbahn zum wunderschönen Kalte Rinne Viadukt mit dem Ghega Museum (das wir schon ein andermal beim Kultur.Sommer.Semmering besucht haben). Dort geht´s runter auf die Straße – wo wir auf einige Attersee Gemälde treffen (es gibt auch einen kleinen Attersee Wanderweg), ab da leider die Kalte Rinne Straße entlang bis zum Blunzenwirt – dort wieder in den Wald hinein und bergauf bis retour zum Bahnhof Breitenstein. Den ganzen Weg entlang haben uns Info-Tafeln rund um die Semmeringbahn und ihre Aussichtspunkte begleitet – wer sich unterwegs die Gemeinde App runterlädt (und Handy-Internet Empfang hat), kann sich beim Wandern Ghega´s Geschichten rund um den Bau der Semmeringbahn anhören.
-Die Villen vom Semmering
Eine schöne Extrawanderung ist die Villenwanderung am Semmering rund um das Villenviertel beim Südbahnhotel zwischen Ort Semmering, Panhans und Kurhaus entlang der Hochstraße mit ein paar Schlenkerern. Der Vorteil in den Wintermonaten: Man sieht so manche Villa, die sonst verborgen geblieben wäre – weil kein Blätterdach den Blick im Winter verstellt. Einen kleinen Guide gibt´s in der Touristeninfo – mehr Tipps unten bei meinen Lesetipps.
Einkehren entlang des Bahnwanderwegs
Wer, wie wir, von Semmering nach Breitenstein wandert und dann im Looshaus nächtigt, kommt mit dem Auto unweigerlich am Althammerhof (man kann aber auch hinwandern) vorbei. Den sollte man dann unbedingt nicht rechts liegen lassen, sondern einkehren – wenn er offen hat. Bei Most und Speckbrot, Schafskäse mit Honig und vielem anderen köstlichen Allerlei inkl. Hofladen, hat man von der „Sonnenseite des Semmering“ aus einen fulminanten Blick hinüber auf die Hochstraße: Zum Panhans, Silberer Schlössl und Südbahnhotel. Diesen Ausblick habe ich zum ersten Mal genossen – eine ganz neue Perspektive für mich!
- Hinterholz 9 Labestation
- Althammerhof
- Looshaus
- Payerbacherhof
- Speckbacherhütte
- Knappenhof
- Cafe Pension und Restaurant Der Löffler
Ansonsten kann ich reinen Herzens den Löffler zum Essen und Nächtigen empfehlen (Fotos gibt´s bei meiner Villenwanderung Story), die Speckbacherhütte für einen Ausflug, den Knappenhof zum Nächtigen während des Kultur.Sommer.Semmering und den Payerbacherhof mit seinen Genießerzimmern – auch schon alles getestet. Und das Looshaus ist m.E. eine Klasse für sich – wie dem Folgenden zu entnehmen ist.
Wohnen im Looshaus am Semmering
Manch eine in meinem Alter wünscht sich Geschmeide, Kosmetik und Fetzen. Ich wünsche mir zum 49. Geburtstag ENDLICH eine Nacht im Looshaus am Semmering. Was soll ich sagen: Das Looshaus ist eine jener Locations für mich, wo sogar mir das Wetter egal ist. Weil es drinnen viel spannender ist als draußen – doch auch auf die Terrasse wollte ich nicht verzichten. Wir wohnten im Gästezimmer im 2. Stock unter dem Dach mit einem Ausblick hinunter nach Reichenau bis zum Thalhof – allein wegen diesem Ausblick lohnte sich für mich der Ausflug. Der Thalhof – Ziel vieler meiner Ausflüge – der Ort der Begegnung von Schnitzler, Olga Waissnix, Beer-Hofmann und Konsorten. Diesen Ort habe ich vor Augen, wenn ich an das Theaterstück „Das weite Land“ denke.
Adolf Loos baute das Looshaus 1930 für den Industriellen Khuner und seine Familie, der sich allerdings nicht lange daran erfreuen konnte – was er allerdings wirklich tat, denn er zahlte noch freiwillig ein Honorar nach, weil´s ihm gar so gut gefiel, sein neues Haus. Eine schnörkelfreie Unterkunft, wie Loos auch seine Wohnungen in Pilsen entwarf (unbedingt sehenswert – ich habe sie besichtigt), sinnvoll und nutzstiftend angeordnet, viel Stauraum, enge Treppen, knallige Farben und nix ohne Grund entworfen. Nur schade, dass er persönlich so unglaublich viel Dreck am Stecken hatte seiner Zeit, der Herr Architekt. Loos oder Hoffmann – damals eine Glaubensfrage – bei der Einrichtung von Häusern, Villen und Wohnungen.
Im Looshaus kann man einkehren, jausnen, dinieren, feiern, schlafen, rasten, genießen, abhängen, rumwandern, lesen, schauen. Wir waren nicht mal 24 Stunden dort und haben alles davon gemacht. Hochzufrieden. Das Beste: Der Ausblick zum Thalhof, hab´ ich das schon erwähnt?
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HINWEIS: Wer eine Wanderung unternimmt, sollte sich vorher mit Wanderkarten oder Wanderführer über die Tour informieren. Dieser Artikel entstand nach einem Ausflug im Herbst 2020, spiegelt meine persönliche Meinung wider und soll als Anregung dienen.