Die Sommerfrische in Österreich ist wieder da! Den Begriff verstehen und kennen heutzutage eigentlich nur noch wir Österreicher so wirklich. Was er bedeutet? So etwas wie „Die Landlust der Städter“ vielleicht. Doch es ist viel mehr, immer noch und wieder.
Inhaltsverzeichnis
Die Sommerfrische in Österreich hat wieder Saison
Warum hat sie wieder Saison? Weil es bei uns in Österreich sommers zunehmend heißer wird. Die letzten drei Jahre waren die wärmsten seit 170 Jahren und es wird noch heißer. Der Juni 2019 war der heißeste der Geschichte. Und außerdem: Gerade jetzt – im April 2020 mitten in der Corona Krise – zeichnet sich der Trend zu Urlaub daheim in Österreich ab.
Der Gedanke an eine „Sommerfrische“ kommt dabei erfreulich temperiert daher und ist immer noch durchgängig positiv besetzt. In unseren Ohren klingt dies nach Pritscheln im See, rauschenden Flüssen und kühlen Wäldern. In MEINEN ganz persönlichen Ohren klingt es nach erfrischenden Ausflügen nach Altaussee, Grundlsee, in Kamptal, in die Ötschergräben, an den Erlaufsee und den Lunzersee und vor allem nach Flussbaden und Sommertheater.
Hochsommerliche „Abkühlungsangebote“ à la Sommerfrische-Nostalgie an Flüssen und Seen sowie in den Bergen werden deswegen auch von immer mehr österreichischen Tourismusregionen in die Tourismuskonzepte eingearbeitet. Oder die Angebote zumindest mit „Sommerfrische“ betitelt. Der Hitze der Stadt kann man aber auch nur für ein Wochenende entkommen, etwa bei einem Ausflug in die Ötscherregion, an den Lunzer See, ins Kamptal oder in eine Klamm der Wiener Alpen. So wie früher den gesamten Hausstaat für einige Monate aufs Land zu verlegen, das ist heute nicht mehr zeitgemäß. Sommerfrische heutzutage, das ist eine Auszeit von der Stadt Richtung See, Fluss, Wald und Sommertheater – mit Kind und Kegel und in eine Unterkunft, die weniger Luxus als Naturnähe und vermeintliche Einfachkeit vermittelt.
Längst wird die neue Sommerfrische auch von Hotel-Unternehmern, die wie ich ein Faible für den Begriff und das Feeling (nebst zusätzlich noch das nötige Investitionskapital) haben, vermarktet. Dazu vielleicht eine renovierte Jugendstilvilla in der passenden Region der Wiener Alpen oder in Gastein und das Geschäft läuft. Zumindest bei einer betuchten Clientèle von heute. Für weniger zahlungskräftige Sommerfrische-Fans mit Kind, Kegel und Hund sind Familienbauernhöfe, Literaturfestivals, Kulinarik am Berg und Sommertheater in erfrischenden Regionen im Angebot. Aber da geht noch mehr – ich weiß es.
„Aus Aflenz wird uns gemeldet, daß der Besuch der Sommerfrische wegen zu großer „Frische“ sehr schwach sei. Gleiches verlautet aus…“
Das Neue Wiener Tagblatt vom 30. 6. 1902 weiß, was Sache ist. Das Wetter. Denn wenn der Sommeraufenthalt der Familie wochenlang dem Schnürlegen ausgesetzt ist, wird die familiäre Stimmung in der Sommerfrische schnell frostig. Das war vor 100 Jahren nicht anders als heute.
Sommerfrische Urlaub Tipps für Österreich
In Österreichs Tourismusregionen lernt man den Begriff „Sommerfrische“ mittlerweile zu schätzen – und auch zu verkaufen, das ist unverkennbar. Hier ein paar Ideen zusätzlich zu meinen persönlichen Hot Spots:
- Sommerfrische im Salzburgerland: Ein digitaler Reiseführer abseits der Main-hotspots
- In die Sommerfrische mit der Bahn – Railtours.
- Sommerfrische im Mondseeland
- Sommerfrische am Lunzer See im Mostviertel: Im kristallklaren Wasser erfrischen
- Im oberösterreichischen Salzkammergut: Berge, Seen und ein Stück vom Glück
- Die Architektur der Sommerfrische in den Wiener Alpen wiederentdecken: Vom Looshaus zum Kurhaus Semmering
- Das Fräuleinwunder vom Semmering: Die Villa Antoinette. Für mich leider unleistbar.
- „Turbo Sommerfrische“ in der Hochsteiermark
- Sommerfrische im Mariazellerland: Im Hotel Drei Hasen
- E-Bike Sommerfrische in Söll am Wilden Kaiser in Tirol
Über 50 Sommerfrische Tipps für Niederösterreich – Aktuell 2020
Ein Hoch auf die Sommerfrische. Meine ganz persönlichen Tipps.
Refugien & Retro-Hotels – Wasser & Wirtshäuser
- Die Wiener Alpen
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- Flussbaden im Höllental, abends Sommertheater: in die Theater der Festspiele Reichenau und des kultur.sommer.semmering.
- Sommerfrische KulTour im Raxgebiet mit Doderer, Schnitzler und Freud. Dinner im Looshaus am Kreuzberg, Jause und Aperitif auf der Terrasse des Knappenhof, Foto-Stop beim Thalhof, Frühstück in der Villa Wartholz
- Ein außergewöhnliches Refugium ist der Riegelhof, genial und voller gemütlicher Atmosphäre, wo man immer noch Geschichte atmen kann: Heimito von Doderers Riegelhof – die „Stangelersche Villa“ aus der „Strudlhofstiege“.
- Mit Hund und Cabrio in die Sommerfrische: Vom Piestingtal an den Schneeberg und zur Rax. Ein Roadtrip.
- Die Rax geht bei jedem Wetter.
- „Wanderer, kommst Du nach Puchberg…“ – Der Schneeberg.
- Glamping mit Kulinarik im Wiesenbett beim Triad
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- Das Ausseerland
- Auf der neu eröffneten Seewiese (Kraftplatz mit Gletscherblick!) abhängen, vom Grundlsee den Fluss entlang zum Toplitzsee wandern, in der Traun pritscheln, auf den Loser und den Tressenstein steigen und
- abends im Gastgarten auf der Terrasse des Seehotels Grundlsee Saibling essen. Oder einen Eiskaffee beim Lewandofsky.
- See u in B.A.
- Der Altausseer See mit und ohne Hund
- Gastein
- Coole retro-chic Hotels, der Wasserfall und jede Menge Events, so etwa die sommer.frische.kunst und der Kultursommer.
- Die Hotels wie etwa das Miramonte, Regina und Haus Hirt – alle mit Geschichte und wieder top angesagt.
- Übrigens: Der Heilstollen ist auch top.
- Einer der schönsten Platzerln, die ich kenne. Das Waldhaus Rudolfshöhe.
- ÖtscherReich & die Wilden Wunder des Mostviertels Mein Geheimtipp für jedes Weekend zwischendurch.
- Gumpenbaden im Grand Canyon des Mostviertels – den Ötschergräben
- Bootfahren am Lunzer See
- Camping bei der Erlaufschlucht
- Natur pur für Mensch und Hund im Pielachtal
- Salzburger Seenland: So nah an den Salzburger Festspielen, dass man nach dem Baden abends schnell mal zum Jedermann auf den Domplatz fahren kann. Der Mattsee, der Wallersee und das Trumer Land.
- Erfrischungstipps rund um Salzburg
- Bad Ischl – Einst wie jetzt. Operettentheater, Kurpark, Flusspromenade, Zauner Konditorei, Bergbahn und nach dem Salzkammergut Radweg dann Baden in der Ischl (GENIAL).
Theater goes Sommerfrische: Meine liebsten Sommertheater in Österreich
Wenn das Burgtheater und die Josefstadt in der Sommersaison ihre Tore geschlossen halten, werden die Schauspieler von jeher gerne an die Sommertheater in Österreich engagiert. Im letzten Jahrzehnt hat das Sommertheater inkl. Oper, Operette und Musical geradezu einen Boom erlebt. Kein Ort, der auf sich hält und nicht eine Bühne im Park, am Berg oder am Fluss bespielt – oder gar selbst ohnehin fixe Sommertheaterlocations hat wie Ischl, Baden oder Reichenau.
- Mein Sommertheater in Österreich: Vom Theaterfest NÖ über die Festspiele Reichenau zum kultur.sommer.semmering und zum Musical nach Baden (Online ab April 2019)
- Meine Salzburger Festspiele inkl. Erfrischungstipps.
- KulTOUR in den Wiener Alpen – Meine Premiere mit Doderer, Freud und Schnitzler.
- Max Reinhardt und das Schloss Leopoldskron
- Hinter den Kulissen der Salzburger Festspiele
- Kultursommer anno 2017 – Ein Rückblick
- Mit Hund und Cabrio in die Sommerfrische – Ein Roadtrip mit Mazda und Coffee
- Sommertheater & Kultursommer: Mein Kulturtipp in meiner niederösterreichischen Heimat ist das Theaterfest Niederösterreich
- Premiere in Gutenstein: Brüderlein Fein im Biedermeiertal (online ab Sommer 2019)
Was gehört dazu zur Sommerfrische in Österreich?
- Wasser: See oder Fluss. Besser beides.
- Berge oder Hügel zum Wandern oder Spazieren
- ein Kurbad, eine Therme oder ein belebender Wasserfall
- Kurkonditoreien und Kaffeehäuser
- Promenaden und Esplanaden
- Gastgärten und Schanigärten
- Picknick, im Ausseerland Steirerkasbrot und Most
- Ruderboot und Luftmatratze
- Sommerspritzer oder Radler
- Villen-Feeling
- Langsamkeit
- Fahrräder
- Nasser Hund
- Viele Bücher und noch mehr Bücher
Die Sommerfrische der WELT VON GESTERN
Wer ging einst auf Sommerfrische?
Dennoch: Die Sommerfrische von einst konnten sich nur die leisten, die es sich leisten konnten. Das Großbürgertum aus den großen Städten der Donaumonarchie: Mit Sack und Pack, Bediensteten, Köchin, Kindern und Equipagen verfügte sich die Familie unter der Ägide der Hausfrau für die heißen Sommermonate von Wien in die Villa am Attersee, Wörthersee oder Grundlsee. Das männliche Oberhaupt blieb in der Stadt und kam am Freitag nach. Oder auch nicht.
Einzelreisende begaben sich in Hotels, Curhäuser, Pensionen, Privatzimmer und Gasthäuser. Im Juni begann man zusammenzupacken und nach des Kaisers Geburtstag am 18. August ging es langsam wieder heimwärts in die Stadt – zu den Verlockungen der Kaufhäuser, der Oper und der Theater. Natürlich nahm man die Bahn, für das letzte Stück die Kutsche oder man ging zu Fuß und nahm sich einen Träger.
Wohin fuhr man in Österreich zur Sommerfrische einst?
- Bad Ischl – weil halt der Kaiser auch dort war. So wie in „Der Engel mit der Posaune“.
- Wolfgangsee – rund um Strobl. Übrigens gleich nach dem Krieg wieder ein Sammelplatz der Künstler und Literaten, die heimkehren wollten. Und noch konnten.
- Attersee – Klimt und Flöge im Ruderboot, kennt man.
- Traunsee – eher die Aristokratie
- Wörthersee – Gustav Mahler mit Freundin, dann mit Frau und Kindern. Es folgte der Attersee.
- Bad Fusch – an der Glocknerstraße. Bekannt aus „Der Fliegenpalast“* von Kappacher – Hugo von Hofmannsthal am Ort seiner Kindheit
- Wo bitte ist der vielzitierte „Völser Weiher“ aus „Das Weite Land“*, in dessen Grand Hotel sich alle treffen für die Bergpartien? In den Dolomiten.
- Thumersbach am Zeller See
- Henndorf/Wallersee, Stichwort Carl Zuckmayer et.al.
- Lofer
- Mattsee nahe Salzburg
- einfach mit der Badner Bahn in einer Stunde von der Wiener Oper nach Baden
Weiters kennt man den Begriff der Sommerfrische u.a. auch für den Urlaub am Starnberger See, auf Sylt, in Schleswig Holstein und bei Geschichten von Tschechow oder durch das vielgespielte „Ein Monat auf dem Lande“. Heute gelten auch die Alte Donau und die Lobau ein bisserl als Sommerfrische-Destinationen, oder?
Sehnsuchtsorte an der Adria
Österreich ist ja ganz schön und nett, aber ein bissl mehr Meer ging immer schon. In der Donaumonarchie war das einfach, man setzte sich in die Südbahn und gondelte direkt an die Promenaden, Pensionen und Villen in Abbazia, Triest oder Venedig. Nach Grado war es schon etwas schwieriger, aber spätestens, seit die Wiener Familie Auchenthaller dort ihre legendäre Pension Fortino für die Wiener Bohème eröffnet hatte, wurde die Anreise auch einfacher: Der Chef selbst fuhr sogar mit dem Radl vom Grundlsee (Sommerfrische Villa!) bis nach Grado.
Übrigens plante auch Arthur Schnitzler gerne Radtouren von Wien oder dem Semmering aus in den Süden ans Meer. Und der Aufenthalt von Peter Altenberg, Karl Kraus, Georg Trakl, Adolf Loos & „Team“ anno 1913 war ohnehin legendär (nachzulesen siehe Lesetipps unten: „1913“).
Bücher und Geschichten: Eintauchen in das Phänomen Sommerfrische
- Liebe im Grünen, Kreative Sommerfrischen im Schwarzatal und am Semmering, Lisa Fischer, 2017
- Der Thalhof: Salon und Sommerfrische…, Pap, 2015*
- Der Attersee: Die Kultur der Sommerfrische, Bernard et al., 2008*
- Die Villen vom Attersee: Wenn Häuser Geschichten erzählen, Arnbom 2018*
- Sommerfrische. Hugo von Hofmannsthal, eine Auflösung, Franz Winter, 2015*
- „Der Fliegenpalast„, Walter Kappacher, 2010*
- Meine Sommerfrische Küche, Alexandra Palla, 2019*
- 1913 – Der Sommer des Jahrhunderts, Florian Illies, 2014*
- Grado Abseits der Pfade, Michael Dangl, 2015*
- Die Villen vom Traunsee, Arnbom, 2019*
- Überlandpartie! Kabarett auf Sommerfrische, Fink und Knie, 2018*
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Joachim Ringelnatz „Sommerfrische“
Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,
Das durch den sonnigen Himmel schreitet.
Und schmücke den Hut, der dich begleitet,
Mit einem grünen Reis.
Verstecke dich faul in die Fülle der Gräser.
Weil’s wohltut, weil’s frommt.
Und bist du ein Mundharmonikabläser
Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.
Und laß deine Melodien lenken
Von dem freigegebenen Wolkengezupf.
Vergiß dich. Es soll dein Denken
Nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.
(Berlin, 1933)
Recherche:
- Austria Forum
- „Raus aus der Stadt – Hofmannsthal und das Junge Wien auf Sommerfrische“, Begleitbroschüre zur Ausstellung im Literaturarchiv Salzburg, 2018
- „Klimt und Co, die Wiener Moderne“, Die Presse Geschichte
- Austria.info
- „Der Geschmack der Vergänglichkeit. Jüdische Sommerfrische in Salzburg“, Google Books, Kriechbaumer, 2002
- „Refresh! Revival der Sommerfrische“, Boku/Umweltbundesamt/Hochschule Luzern, 2018
- Die Presse
- Der Standard
Hinweis: Der Artikel spiegelt meine persönlichen Meinungen wider.
1 comment
einfach perfekt und so schöne Reiseimpressionen auf eurem Blog, traumhaft